28. Dezember 2007
Leserecho: Ein anderes „Zentrum“
Leserbrief zur Meldung "Dokumentationszentrum zur Vertreibung geplant", veröffentlicht in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 27. Oktober 2007.
In der "Siebenbürgischen Zeitung" wurde berichtet, dass Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sich auf die Einrichtung eines Dokumentationszentrums zur Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen aus Mittel- und Osteuropa am Ende des Zweiten Weltkriegs in Berlin verständigt hätten.
Das klingt so, als handele es sich um das seit März 1999 vom BdV geforderte „Zentrum gegen Vertreibung“ (ZgV), das den Heimatverlust von 15 Millionen deutscher Menschen sowie den Tod jener 2,5 Millionen, die Hunger, Kälte, Vergewaltigung, Deportation und Zwangsarbeit nicht überlebt haben, dokumentieren sollte. Gleichzeitig sollte die gelungene Integration der Heimatvertriebenen gewürdigt und in einer „Requiem-Rotunde“ Raum für „Trauer, Anteilnahme und Verzeihen“ gegeben werden. Nach Vorschlägen der im September 2000 gegründeten „Stiftung Zentrum gegen Vertreibung“ sollten auch weitere Genozide, sog. ethnische Säuberungen und Vertreibungen dokumentiert werden, von denen allein im Europa des 20. Jahrhunderts 30 (!) Volksgruppen betroffen waren. Es sollte sich also mitnichten um eine deutsche „Nabelschau“ handeln, schon gar nicht irgendwelcher „Aufrechnung“ dienen oder das auslösende Moment (die Aggressionen Hitlerdeutschlands mit dem Ziel, sich „Raum im Osten“ zu sichern) verschwiegen werden. Der Kanzlerin Merkel Worte („wir verwechseln nicht Ursache und Wirkung, wenn wir der Vertreibung gedenken“), kürzlich gesagt anlässlich des Festakts zum 50. Jahrestag der Gründung des BdV im Berliner Kronprinzenpalais, sind selbstverständliche Richtschnur. Doch in der gleichen Veranstaltung erin- nerte Erika Steinbach auch an die „Häme und Bösartigkeit gegenüber landsmannschaftlichen Treffen“ und beklagte die „Mitleidlosigkeit gegenüber den (deutschen) Opfern“ in Teilen der deutschen Öffentlichkeit, durch die diese zu Opfern zweiter Klasse degradiert werden.
Obzwar sich u. a. der SPD-Politiker Peter Glotz, der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorf, der Historiker Arnulf Baring, der Publizist und Schriftsteller Ralph Giordano oder der ehemalige Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, hinter die Forderung nach einem ZgV stellten, fanden sich lautstarke Gegner ein, die sich sogar den Vorwurf gefallen lassen müssen, Proteste in Polen und Tschechien erst angeheizt zu haben. Zu nennen sind der SPD-Abgeordnete Markus Meckel, Wolfgang Thierse u.a. Ihre unbegründete Besorgnis ist, dass die Vertriebenen dem Berliner Holocaust-Mahnmal etwas entgegensetzen wollten, was als „Aufrechnung“ gedeutet werden könnte, wovon aber keine Rede sein kann. Die Proteste der Polen und Tschechen gründen in der Befürchtung einer generellen Anklage ihrer Nationen und evtl. daraus resultierender territorialer Revisionsansprüche – eine völlig überspannte Vorstellung.
Dass das nun propagierte „Zentrum“ einer „unselbständigen Stiftung unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums“ etwas völlig anderes ist als das geforderte Zentrum der „Stiftung Zentrum gegen Vertreibung“, wird durch den Umstand erhellt, dass schon am Tag nach der erwähnten 50-Jahr-Feier des BdV Wolfgang Thierse im Deutschlandfunk Erika Steinbach vorgeworfen hat, die Unterschiede zwischen dem von ihr geforderten Zentrum und einem (europäischen) „sichtbaren Zeichen“ verwischen zu wollen. Es soll also etwas entstehen, was den Besucher mit dem Schicksal der Vertriebenen bekannt machen soll, an dessen Gestaltung die Vertriebenen selbst aber keinen Anteil haben dürfen. Über ihre Köpfe hinweg darf die Vertreibung dann wohl auch unwidersprochen als „Bevölkerungstransfer“, bestenfalls als „erzwungene Abwanderung“ verharmlost werden im Rahmen eines „Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität“ (so der wahrscheinliche neue Name des „Zentrums“) unter Vermeidung jedes spezifisch deutschen Standpunktes. Solches hatte der BdV allerdings nicht im Sinn.
Das klingt so, als handele es sich um das seit März 1999 vom BdV geforderte „Zentrum gegen Vertreibung“ (ZgV), das den Heimatverlust von 15 Millionen deutscher Menschen sowie den Tod jener 2,5 Millionen, die Hunger, Kälte, Vergewaltigung, Deportation und Zwangsarbeit nicht überlebt haben, dokumentieren sollte. Gleichzeitig sollte die gelungene Integration der Heimatvertriebenen gewürdigt und in einer „Requiem-Rotunde“ Raum für „Trauer, Anteilnahme und Verzeihen“ gegeben werden. Nach Vorschlägen der im September 2000 gegründeten „Stiftung Zentrum gegen Vertreibung“ sollten auch weitere Genozide, sog. ethnische Säuberungen und Vertreibungen dokumentiert werden, von denen allein im Europa des 20. Jahrhunderts 30 (!) Volksgruppen betroffen waren. Es sollte sich also mitnichten um eine deutsche „Nabelschau“ handeln, schon gar nicht irgendwelcher „Aufrechnung“ dienen oder das auslösende Moment (die Aggressionen Hitlerdeutschlands mit dem Ziel, sich „Raum im Osten“ zu sichern) verschwiegen werden. Der Kanzlerin Merkel Worte („wir verwechseln nicht Ursache und Wirkung, wenn wir der Vertreibung gedenken“), kürzlich gesagt anlässlich des Festakts zum 50. Jahrestag der Gründung des BdV im Berliner Kronprinzenpalais, sind selbstverständliche Richtschnur. Doch in der gleichen Veranstaltung erin- nerte Erika Steinbach auch an die „Häme und Bösartigkeit gegenüber landsmannschaftlichen Treffen“ und beklagte die „Mitleidlosigkeit gegenüber den (deutschen) Opfern“ in Teilen der deutschen Öffentlichkeit, durch die diese zu Opfern zweiter Klasse degradiert werden.
Obzwar sich u. a. der SPD-Politiker Peter Glotz, der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorf, der Historiker Arnulf Baring, der Publizist und Schriftsteller Ralph Giordano oder der ehemalige Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, hinter die Forderung nach einem ZgV stellten, fanden sich lautstarke Gegner ein, die sich sogar den Vorwurf gefallen lassen müssen, Proteste in Polen und Tschechien erst angeheizt zu haben. Zu nennen sind der SPD-Abgeordnete Markus Meckel, Wolfgang Thierse u.a. Ihre unbegründete Besorgnis ist, dass die Vertriebenen dem Berliner Holocaust-Mahnmal etwas entgegensetzen wollten, was als „Aufrechnung“ gedeutet werden könnte, wovon aber keine Rede sein kann. Die Proteste der Polen und Tschechen gründen in der Befürchtung einer generellen Anklage ihrer Nationen und evtl. daraus resultierender territorialer Revisionsansprüche – eine völlig überspannte Vorstellung.
Dass das nun propagierte „Zentrum“ einer „unselbständigen Stiftung unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums“ etwas völlig anderes ist als das geforderte Zentrum der „Stiftung Zentrum gegen Vertreibung“, wird durch den Umstand erhellt, dass schon am Tag nach der erwähnten 50-Jahr-Feier des BdV Wolfgang Thierse im Deutschlandfunk Erika Steinbach vorgeworfen hat, die Unterschiede zwischen dem von ihr geforderten Zentrum und einem (europäischen) „sichtbaren Zeichen“ verwischen zu wollen. Es soll also etwas entstehen, was den Besucher mit dem Schicksal der Vertriebenen bekannt machen soll, an dessen Gestaltung die Vertriebenen selbst aber keinen Anteil haben dürfen. Über ihre Köpfe hinweg darf die Vertreibung dann wohl auch unwidersprochen als „Bevölkerungstransfer“, bestenfalls als „erzwungene Abwanderung“ verharmlost werden im Rahmen eines „Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität“ (so der wahrscheinliche neue Name des „Zentrums“) unter Vermeidung jedes spezifisch deutschen Standpunktes. Solches hatte der BdV allerdings nicht im Sinn.
Hans-Gert Kessler, München
Schlagwörter: Leserecho, Vertriebene und Aussiedler
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