30. Oktober 2007
Mit dem Seminaristenmarsch zur europäischen Hymne
Vom 21. bis 23. September 2007 hatte das Bundeskulturreferat Dirigenten und Notenwarte siebenbürgisch-sächsischer Blaskapellen in die Tagungsstätte Bruder-Klaus-Heim in Violau bei Augsburg eingeladen. Dort widmeten sie sich unter der fachlichen Leitung von Stefan Bretz inbesondere Stücken vom Martin Thies sowie der rumänischen und europäischen Hymne, wobei ihnen die „Siebenbürger Blaskapelle Augsburg“ als Übunskapelle zur Verfügung stand.
Neun Jahre liegen zwischen dem 3. und 4. Blaskapellenleiter-Seminar. Vielleicht ist das mit ein Grund, weshalb die Resonanz nicht gerade überwältigend war. Allerdings war auch die Einladung relativ kurzfristig erfolgt. Erst eine Aufstockung der Fördermittel des Bundes zur Jahresmitte ermöglichte die Förderung durch die Kulturreferentin Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm.
Auf der sonnenüberfluteten Terrasse finden sich am Freitag Nachmittag die Teilnehmer zusammen. Man kennt sich, begrüßt sich mit Vornamen und ist schon mitten drin im Fachsimpeln. Erzählt von den letzten Auftritten – immerhin waren drei Kapellen in der Europäischen Kulturhauptstadt 2007 Hermannstadt aufgetreten und durch Siebenbürgen getourt –, von neuen Stücken, von Erfolgen wie auch von Problemen, mit denen man sich gerade plagt. Der Erfahrungsaustausch ist in vollem Gang, wird beim Abendessen und noch bis in die Nacht fortgeführt, wobei Stefan Bretz und Hans-Werner Schuster auch in Ziel und Verlauf des Seminars einführen.
Am nächsten Morgen wiederholen sie das für die inzwischen eingetroffenen Mitglieder der – gerade am Vortag als e.V. eingetragenen – „Siebenbürger Blaskapelle Augsburg“. Nachdem Stefan Bretz und seine musikalischen Verdienste vorgestellt wurden, geht es gleich zur Sache: mit dem Einstudieren des „Sommerfreuden“-Walzers von Martin Thies im neuen Arrangement von Stefan Bretz.
Stefan Bretz ist voll bei der Sache. Er erklärt den Musikern seine Intention: mit Arrangements für heutige Besetzung sowie ansprechender und zeitgemäßer Harmonie die Akzeptanz und die Bewahrung der Werke des herausragenden Musikers und Melodienerfinders Martin Thies zu fördern. Keine Spur seiner überwundenen Krankheit, nur Hingabe an die Musik. Er agiert und dirigiert in voller Konzentration, unaufgeregt und trotzdem souverän. Das färbt ab, strahlt aus. Seine Autorität setzt sich gegen tief wurzelnde Gewohnheit und alten Trott durch, Harmonien und Einsätze, Phrasierungen und Betonungen kommen bald so, wie er sie haben will. Zum Schluss erklingt der Walzer so schwerelos, wie man ihn sicher noch nie in einem Ballsaal in Siebenbürgen zu hören bekam.
Danach nimmt man sich die Choräle „Nun danket alle Gott“, „Lobet den Herren“ „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ – ebenfalls im neuen Satz von Stefan Bretz – vor. Sie werden nach dem Mittagessen am nahe gelegenen Gedenkkreuz für den verünglückten Vorstand der Blaskapelle dargeboten. Nach dem Mittagessen nimmt man sich die europäische und die rumänische Hymne vor, auch sie im neuen Arrangement von Stefan Bretz. Die Blaskapelle hat sie für ihre Siebenbürgen-Tournee eingeübt und mit großem Erfolg zu Gehör gebracht. Trotzdem; der Maestro findet noch etliche Stellen, die verbesserwürdig sind, mobilisiert ungeahnte Reserven und holt aus den Musikern mehr heraus, als sich so mancher selbst zutraute. Kein Wunder, dass die Musiker (von 12 bis 77 Jahren reicht die Spanne) begeistert sind, das Erfolgserlebnis genießen und mit sich und der Welt zufrieden sind. Man fragt sich nur: „Und was haben die Dirigenten davon?“
Nun, sie beobachten genau, gucken sich einiges ab von dem, wie Bretz mit dem einzelnen Musiker, Instrumentengruppen oder mit der gesamten Kapelle umgeht, wie er sie motiviert und mitnimmt, sie knetet und formt, bis das erwünschte und angestrebte Resultat da ist. Sie lauschen seinen Erklärungen kritisch und lassen seine Körpersprache nicht aus dem Blick. Und sicherlich hinterfragen sie schon – spätestens aber nach dem Seminar – in der Gegenüberstellung zum eigenen Agieren ihr Tun und Lassen oder achten zumindest bewusster darauf.
Allerdings haben sie schon bei den beiden Hymnen die Gelegenheit, selber vor die Blaskapelle zu treten. Auch wenn die wenigsten sich trauen, so wie mit der eigenen Kapelle zu arbeiten, sprich: eingefleischte Spielweisen den eigenen Vorstellungen entsprechend zu verändern. Diese Haltung ändert sich auch kaum, als sie Stücke ihrer Wahl dirigieren. Etliche sind froh, wenn sie diese „Probe“ ihres Könnens zufriedenstellend über die Bühne gebracht haben. Denn sie sind nicht ausgebildete Dirigenten, sondern vielfach nur als bessere Musiker von ihren Kollegen in diese Funktion gehoben worden.
Auch die weiteren Programmpunkte sind konzeptioneller Art. Auf der Grundlage der Vorarbeiten der Blaskapellen Böblingen und Zeiden wird über die Modalitäten eines – zumindest in Teilen – einheitlichen Marschnotenheftes diskutiert. Ein solcher Bedarf ergibt sich aus der Tatsache, dass sich Blaskapellen immer wieder mal mit Musikern aus anderen Kapellen verstärken müssen. Man kommt überein, dass folgende Werke dazu gehören sollten: „Siebenbürgenlied“, „Deutschlandlied“ und falls es noch auf die Seite passt „Af deser Ierd“; „Großer Gott, wir loben dich“ und ein bis zwei weitere Choräle, soweit sie auf eine Seite passen, dazu vier bis fünf Märsche. Zu letzteren gehören sollte: „Erster Versuch“ von Martin Thies, neu arrangiert von Stefan Bretz, „Mein Heimatland“ von Sepp Neumayr sowie der „Andulka“-Marsch. Vorschläge wie „Seminaristen-Marsch“, „Siebenbürger-Marsch“, „In Harmonie vereint“ oder „Bürgerwehr“ fanden keine allgemeine Zustimmung. Daher die Bitte auch an jene Dirigenten, die bei der Tagung nicht dabei waren, dem Bundeskulturreferat ihre Vorschläge zu unterbreiten. Vielleicht wird man diese schon 2009 bei dem anvisierten gemeinsamen Auftritt siebenbürgisch-sächsischer Blaskapellen am Heimattag in Dinkelsbühl genießen können.
Nicht weiter vertieft wird das Thema Blasmusikbegleitung für Tanzgruppen. Angesichts des stetig wechselnden Tanzrepertoires lohne sich so etwas nicht. Die Bereitschaft, für Oberkrainer Besetzung zu arragieren, ist jedenfalls vorhanden, soweit sich bei den Tanzgruppen ein siebenbürgisch-sächsisches Gemeinschaftsrepertoire herauskristallisiert.
Nicht zuletzt wurden die Modalitäten des nächsten Seminars dikutiert. Man kam überein, es dem Schwerpunkt Dirigiertechnik zu widmen, eventuell ergänzt mit dem Thema „Wie studiere ich ein neues Stück ein?“ Um die Kosten gering zu halten und nicht von Fördermitteln abhängig zu sein, soll es nur einen Tag dauern. Hans-Otto Mantsch hat angeboten, es 2008 in Stuttgart zu veranstalten.
Alles in allem war es eine erfolgreiche Tagung, die in die Zukunft weist. Allen Beteiligten herzlichen Dank, insbesondere aber Stefan Bretz, der sich auch zukünftig für siebenbürgisch-sächsische Blasmusik einsetzen will, uns aber auch zu personellen Alternativen ermuntert. Unseren Dank hat sich auch die Tagungsstätte verdient. Sie bot nicht nur ideale Bedingungen für das Seminar, sondern ein Personal mit solch herzlicher Gastfreundschaft, wie man sie nur selten findet. Hans-Werner Schuster
Am nächsten Morgen wiederholen sie das für die inzwischen eingetroffenen Mitglieder der – gerade am Vortag als e.V. eingetragenen – „Siebenbürger Blaskapelle Augsburg“. Nachdem Stefan Bretz und seine musikalischen Verdienste vorgestellt wurden, geht es gleich zur Sache: mit dem Einstudieren des „Sommerfreuden“-Walzers von Martin Thies im neuen Arrangement von Stefan Bretz.
Stefan Bretz ist voll bei der Sache. Er erklärt den Musikern seine Intention: mit Arrangements für heutige Besetzung sowie ansprechender und zeitgemäßer Harmonie die Akzeptanz und die Bewahrung der Werke des herausragenden Musikers und Melodienerfinders Martin Thies zu fördern. Keine Spur seiner überwundenen Krankheit, nur Hingabe an die Musik. Er agiert und dirigiert in voller Konzentration, unaufgeregt und trotzdem souverän. Das färbt ab, strahlt aus. Seine Autorität setzt sich gegen tief wurzelnde Gewohnheit und alten Trott durch, Harmonien und Einsätze, Phrasierungen und Betonungen kommen bald so, wie er sie haben will. Zum Schluss erklingt der Walzer so schwerelos, wie man ihn sicher noch nie in einem Ballsaal in Siebenbürgen zu hören bekam.
Danach nimmt man sich die Choräle „Nun danket alle Gott“, „Lobet den Herren“ „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ – ebenfalls im neuen Satz von Stefan Bretz – vor. Sie werden nach dem Mittagessen am nahe gelegenen Gedenkkreuz für den verünglückten Vorstand der Blaskapelle dargeboten. Nach dem Mittagessen nimmt man sich die europäische und die rumänische Hymne vor, auch sie im neuen Arrangement von Stefan Bretz. Die Blaskapelle hat sie für ihre Siebenbürgen-Tournee eingeübt und mit großem Erfolg zu Gehör gebracht. Trotzdem; der Maestro findet noch etliche Stellen, die verbesserwürdig sind, mobilisiert ungeahnte Reserven und holt aus den Musikern mehr heraus, als sich so mancher selbst zutraute. Kein Wunder, dass die Musiker (von 12 bis 77 Jahren reicht die Spanne) begeistert sind, das Erfolgserlebnis genießen und mit sich und der Welt zufrieden sind. Man fragt sich nur: „Und was haben die Dirigenten davon?“
Nun, sie beobachten genau, gucken sich einiges ab von dem, wie Bretz mit dem einzelnen Musiker, Instrumentengruppen oder mit der gesamten Kapelle umgeht, wie er sie motiviert und mitnimmt, sie knetet und formt, bis das erwünschte und angestrebte Resultat da ist. Sie lauschen seinen Erklärungen kritisch und lassen seine Körpersprache nicht aus dem Blick. Und sicherlich hinterfragen sie schon – spätestens aber nach dem Seminar – in der Gegenüberstellung zum eigenen Agieren ihr Tun und Lassen oder achten zumindest bewusster darauf.
Allerdings haben sie schon bei den beiden Hymnen die Gelegenheit, selber vor die Blaskapelle zu treten. Auch wenn die wenigsten sich trauen, so wie mit der eigenen Kapelle zu arbeiten, sprich: eingefleischte Spielweisen den eigenen Vorstellungen entsprechend zu verändern. Diese Haltung ändert sich auch kaum, als sie Stücke ihrer Wahl dirigieren. Etliche sind froh, wenn sie diese „Probe“ ihres Könnens zufriedenstellend über die Bühne gebracht haben. Denn sie sind nicht ausgebildete Dirigenten, sondern vielfach nur als bessere Musiker von ihren Kollegen in diese Funktion gehoben worden.
Thies-Noten und Marschnotenheft
Nach einem kurzweiligen und feuchtfröhlichen Abend geht es am nächsten Morgen ohne Blaskapelle weiter. Zuerst mit Frieder Latzina, der nicht nur seinen Verlag und dessen Blasmusikwerke vorstellt – siehe im Internet unter www.musiknotenverlag.de –, sondern den Anwesenden auch bewusst macht, welche Vorteile ihnen als Setzer und Arrangeure ein Verlag bietet. In der anschließenden Diskussion werden auch verlegerische Vorhaben für die Zukunft festgeklopft. Latzina kann nicht nur Noten, sondern auch CDs verlegen, und er erklärt sich bereit, Thies-Stücke neu zu verlegen und damit vor dem Vergessen zu bewahren (siehe nebenstehenden Kasten), außerdem auch dessen Werke aus der 3. Lieferung im neuen Arrangement von Stefan Bretz. Siebenbürgisch-sächsische Blaskapellen werden ein Exemplar über das Kulturreferat kostenlos erhalten.Auch die weiteren Programmpunkte sind konzeptioneller Art. Auf der Grundlage der Vorarbeiten der Blaskapellen Böblingen und Zeiden wird über die Modalitäten eines – zumindest in Teilen – einheitlichen Marschnotenheftes diskutiert. Ein solcher Bedarf ergibt sich aus der Tatsache, dass sich Blaskapellen immer wieder mal mit Musikern aus anderen Kapellen verstärken müssen. Man kommt überein, dass folgende Werke dazu gehören sollten: „Siebenbürgenlied“, „Deutschlandlied“ und falls es noch auf die Seite passt „Af deser Ierd“; „Großer Gott, wir loben dich“ und ein bis zwei weitere Choräle, soweit sie auf eine Seite passen, dazu vier bis fünf Märsche. Zu letzteren gehören sollte: „Erster Versuch“ von Martin Thies, neu arrangiert von Stefan Bretz, „Mein Heimatland“ von Sepp Neumayr sowie der „Andulka“-Marsch. Vorschläge wie „Seminaristen-Marsch“, „Siebenbürger-Marsch“, „In Harmonie vereint“ oder „Bürgerwehr“ fanden keine allgemeine Zustimmung. Daher die Bitte auch an jene Dirigenten, die bei der Tagung nicht dabei waren, dem Bundeskulturreferat ihre Vorschläge zu unterbreiten. Vielleicht wird man diese schon 2009 bei dem anvisierten gemeinsamen Auftritt siebenbürgisch-sächsischer Blaskapellen am Heimattag in Dinkelsbühl genießen können.
Nicht weiter vertieft wird das Thema Blasmusikbegleitung für Tanzgruppen. Angesichts des stetig wechselnden Tanzrepertoires lohne sich so etwas nicht. Die Bereitschaft, für Oberkrainer Besetzung zu arragieren, ist jedenfalls vorhanden, soweit sich bei den Tanzgruppen ein siebenbürgisch-sächsisches Gemeinschaftsrepertoire herauskristallisiert.
Nicht zuletzt wurden die Modalitäten des nächsten Seminars dikutiert. Man kam überein, es dem Schwerpunkt Dirigiertechnik zu widmen, eventuell ergänzt mit dem Thema „Wie studiere ich ein neues Stück ein?“ Um die Kosten gering zu halten und nicht von Fördermitteln abhängig zu sein, soll es nur einen Tag dauern. Hans-Otto Mantsch hat angeboten, es 2008 in Stuttgart zu veranstalten.
Alles in allem war es eine erfolgreiche Tagung, die in die Zukunft weist. Allen Beteiligten herzlichen Dank, insbesondere aber Stefan Bretz, der sich auch zukünftig für siebenbürgisch-sächsische Blasmusik einsetzen will, uns aber auch zu personellen Alternativen ermuntert. Unseren Dank hat sich auch die Tagungsstätte verdient. Sie bot nicht nur ideale Bedingungen für das Seminar, sondern ein Personal mit solch herzlicher Gastfreundschaft, wie man sie nur selten findet. Hans-Werner Schuster
Schlagwörter: Landsmannschaft, Blasmusik, Seminar
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