5. Oktober 2022
60 Jahre „Patenschaft für das Ostdeutsche Lied“
Es ist die einzige Sachpatenschaft für ein ostdeutsches Kulturgut in Deutschland: die „Patenschaft für das Ostdeutsche Lied“ der Stadt Wetzlar. Die Institution kümmert sich seit 60 Jahren darum, das Liedgut der einst deutschen Siedlungsgebiete im Osten vor dem Vergessen zu bewahren. Gefeiert wurde das Jubiläum mit einem Liederabend am 11. September in der Stadthalle.
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Ziel war es, eine zentrale Sammel- und Auskunftsstelle für das ostdeutsche Liedgut einzurichten, die als Ansprechpartner für Chöre und Musiker fungiert und beispielsweise Notenblätter zur Verfügung stellt. Auch Anfragen aller Art sollten beantwortet werden. Ein großer Teil davon stammt von Chören oder aus den Reihen der Vertriebenenverbände, die auf der Suche nach bestimmten Liedern oder Liederbüchern sind. Viele Anfragen machen deutlich, dass es nicht nur um eine Melodie geht, sondern auch darum, das Trauma einer schweren Zeit aufzuarbeiten. So schickte eine ehemalige Gefangene in sibirischen Arbeitslagern aus Schwerin Lieder zu, die in diesen Lagern entstanden sind. Daraus ergab sich ein längerer Schriftwechsel mit dem Austausch von Erlebnissen und Erfahrungen.
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Um das ostdeutsche Liedgut zu pflegen und zu verbreiten, hat die Patenschaftsstelle eigene Liederbücher herausgegeben wie das in der 5. Auflage erschienene „Ostdeutsche Liederbuch“ und das Liederbuch „Brücke zur Heimat“, von dem bereits die 9. Auflage gedruckt wurde. Höhepunkt der jährlichen Aktivitäten ist ein Liederabend in der Stadthalle, der hauptsächlich von heimischen Chören und Musikern gestaltet wird.
Bevor die Patenschaftsstelle 1997 ins Alte Rathaus einzog, wo nach Inbetriebnahme des Neuen Rathauses Räume frei wurden, ist sie einige Male innerhalb der Wetzlarer Altstadt umgezogen. 2013 wurde der Patenschaft eine besondere Anerkennung zuteil: Sie wurde vom Land Hessen mit dem Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ ausgezeichnet, der mit 2.500 Euro dotiert war.
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„Singen schafft Heimatgefühl“
Zum Jubiläumsabend am 11. September kamen über 250 Gäste in die Wetzlarer Stadthalle. Fünf heimische Chöre boten unter der Moderation von Margit Würz einen bunten Strauß an Volksliedern dar, die in den ostdeutschen Herkunftsorten der Heimatvertriebenen entstanden sind, aber auch solche aus anderen Regionen Deutschlands und Europas. Dazu trug das Gesangsduo Christa Löffler/Käthe Wilhelmi Weisen von Robert Schumann bis zu Volksliedern aus dem Böhmerwald vor. Für stimmungsvolle Polkas, Märsche und Walzer zum Mitklatschen sorgten das Böhmische Blasorchester „Egerländer Schmankerln“. Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) würdigte die Patenschaft als „einzigartige Sachpatenschaft“ für ein ostdeutsches Kulturgut, die vielfach angefragt werde, und erinnerte an den Begründer Edgar Hobinka. Auch die Beauftragte der hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, die wegen einer Corona-Erkrankung nicht teilnehmen konnte, hob in einem schriftlichen Grußwort hervor, dass Wetzlar sich als einzige Stadt in Deutschland in dieser Form des ostdeutschen Liedgutes annehme. Singen schaffe Heimatgefühl. Diese Erfahrung hätten besonders die Heimatvertriebenen gemacht. „Das ostdeutsche Liedgut ist sehr lebendig“, so Raschdorf. Der „Ostdeutsche Liederabend“ findet einmal jährlich in der Stadthalle statt, zuletzt allerdings coronabedingt im Januar 2020.Eckhard Nickig
Die Liederbücher „Brücke zur Heimat“ und „Ostdeutsches Liederbuch“ sind zum Preis von fünf Euro in der Patenschaftsstelle, Hauser Gasse 17, 35578 Wetzlar, Telefon: (0 64 41) 99 10 31, erhältlich.
Schlagwörter: Liedgut, Patenschaft, Wetzlar, Jubiläum
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