19. Juli 2024

Dem kulturell-geschichtlichen Gedächtnis verpflichtet

Stiftung Siebenbürgische Bibliothek feiert 25-jähriges Bestehen auf Schloss Horneck/Hatto Scheiner wird mit dem Goldenen Ehrenwappen des Verbandes ausgezeichnet
Begrüßung durch Nils H. Măzgăreanu, ...
Begrüßung durch Nils H. Măzgăreanu, Vorsitzender der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, in der ersten Reihe im Vordergrund: Rainer Lehni, die Gundelsheimer Bürgermeisterin Heike Schokatz, Hatto Scheiner, Thomas Şindilariu und Konrad Gündisch (von links). Foto: Ralf Thomas Göllner
Am 2. August 1999 wurde mit dem Gründungsprotokoll der Eheleute Dr. Roswitha und Martin Guist die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek aus der Taufe gehoben. Mit Mut, Zuversicht, Weitblick, großem persönlichen Einsatz und einer erheblichen finanziellen Einlage gaben sie den Startschuss für ein zukunftsweisendes Projekt, dessen Erfolgsgeschichte nun schon ein Vierteljahrhundert andauert.

Mit einer Skizzierung dieser Erfolgsgeschichte begrüßte Nils H. Măzgăreanu, der Vorsitzende der Stiftung, am 29. Juni rund 100 Gäste im Festsaal des Schlosshotels Horneck und erinnerte an die Stiftungsgründung sowie die Gründerinnen und Gründer. Begrüßungsworte folgten auch von Konrad Gündisch, Vorsitzender des Stiftungsbeirats, sowie Stefan Măzgăreanu, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats e.V., dem Träger von Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und Archiv. Die Erträge der Stiftungsarbeit kommen dem Kulturrat zugute und decken schon seit langem den mit Abstand größten Anteil der Kosten für den Erhalt und Betrieb der Einrichtung. Stefan Măzgăreanu verdeutlichte die Bedeutung der Siebenbürgischen Bibliothek und des Archivs als Wissensspeicher für die Siebenbürger Sachsen und richtete seinen Dank nicht nur an die Stiftung und ihre Verantwortungsträger, sondern auch an frühere Vorstände des Kulturrats und vor allem die Mitarbeiter in Bibliothek und Archiv. Im jahrzehntelangen Zusammenwirken aller Betreffenden liegt der Schlüssel für das Funktionieren und den Fortbestand dieser Institution über alle Herausforderungen hinweg, von denen es zahlreiche gab.

Den Festvortrag hielt Unterstaatssekretär Thomas ...
Den Festvortrag hielt Unterstaatssekretär Thomas Şindilariu. Foto: Konrad Klein
Den Festvortrag „Vom Pergament zur Nationalbibliothek. Gedanken zur Rolle der Schriftlichkeit bei den Siebenbürger Sachsen“ hielt Thomas Şindilariu, Unterstaatssekretär im Department für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens. Die kenntnisreich vorgetragenen Ausführungen, ergänzt um die eine oder andere launig eingefügte kleinere Anekdote, spannten einen kulturgeschichtlichen Bogen über die Geschichte des siebenbürgisch-sächsischen Archivwesens vom späten 18. Jahrhundert bis in unsere Zeit. Dabei wurde deutlich, dass die vor allem im 19. Jahrhundert unternommenen Versuche zur Schaffung eines (National-)Archivs meist dem Einsatz (weniger) Einzelner geschuldet waren. Galt es zunächst, die eigene Geschichte und (historisch bedingte) politische Ansprüche zu belegen, ging es später auch darum, das geschichtliche Erbe zu erschließen, zu ordnen und zugänglich zu machen. Auf diese Weise sollte es nicht nur bewahrt, sondern durch Nutzung und historische wie landeskundliche Forschung auch in der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft bekannt gemacht und an nachfolgende Generationen weitergegeben werden. Erstaunlich erscheint aus heutiger Sicht, gegen wie viele Widerstände vor allem seitens siebenbürgisch-sächsischer Politik und Verwaltung frühere Archivare ankämpfen mussten. Mal mit Erfolg, doch häufiger wohl erfolglos. Und ebenso wie sorglos mithin mit den Archivalien umgegangen wurde, was nicht selten auch zu deren unwiederbringlichem Verlust führte. Doch zu Verlusten kam es auch während den Zeitenwenden, etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, und unwiederbringliche Verluste gehören wohl zu jeder Archivgeschichte dazu. Diese Verluste schärften aber auch das Bewusstsein für die Bedeutung des Archivguts und verstärkten die Bemühungen für deren Sicherung. Immer wieder gelang es Thomas Şindilariu, Historiker und vor seiner Ernennung zum Unterstaatsekretär selbst Leiter des Archivs der Honterusgemeinde in Kronstadt und damit mit der siebenbürgisch-sächsischen Archivgeschichte in all ihren Facetten vertraut, in seinem Vortrag auch auf die gegenwärtigen Verhältnisse – ob in Siebenbürgen oder in Gundelsheim – hinzuweisen. Und mit diesen Parallelen machte er deutlich, dass sich natürlich die Zeit, aber womöglich nicht so sehr die Rahmenbedingungen für ein nachhaltig gesichertes Archiv als kulturell-historisches Gedächtnis der Siebenbürger Sachsen geändert haben.

Dem Festvortrag folgte ein von Konrad Gündisch vorbereitetes und moderiertes Gespräch zu „Engagement, Erbe, Erinnerung – Über Werden und Wachsen der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek“ mit Elfriede Herter, Thomas Guist, Hatto Scheiner und Gerald Volkmer. In diesem Gespräch wurde ergründet, welche Motivation die Verantwortlichen, Spender und Vorstände dazu bewog, die Stiftung zu schaffen und zu unterstützen.

Elfriede Herter, eine der treuesten und großzügigsten Unterstützerinnen der Stiftung und der Siebenbürgischen Bibliothek, erinnerte sich an annähernd sechs Jahrzehnte an der Seite ihres Mannes Balduin Herter, der sich hauptamtlich und nach seinem Ruhestand noch viele Jahre ehrenamtlich für die Stiftung und den Erhalt der Siebenbürgische Bibliothek eingesetzt hatte. Was sie zu diesem ungewöhnlich hohen Engagement bewogen habe, ohne dass man sich das heutige Siebenbürgen-Institut nicht vorstellen könne? Es musste eben getan werden, lautete die so schlichte wie nachdrückliche Antwort, aus der tiefe Überzeugung und selbstloser Einsatz sprachen. Davon wusste auch Thomas Guist zu berichten, ältester Sohn der beiden Stiftungsgründer Dr. Roswitha und Martin Guist. Ohne deren Großzügigkeit und Engagement und ohne deren Spende des Gründungskapitals wäre die Stiftung nicht entstanden. Auch hier waren die Überzeugung von der Notwendigkeit, handeln zu müssen, und die Unterstützung durch die Familie entscheidende Faktoren. Hatto Scheiner, der wenige Jahre nach der Stiftungsgründung für die Mitarbeit gewonnen werden konnte, als er – nach eigenen Worten – eine sinnvolle Aufgabe für den angetretenen Ruhestand suchte, übernahm 2005 den Stiftungsvorsitz und sollte ihn 16 Jahre lang behalten. Unter seiner Leitung wurde das Stiftungskapital stetig erweitert und so manche Herausforderung auf dem Kapitalmarkt gemeistert. So wie früher die Kirchenburgen den Menschen Schutz und Sicherheit in Krisensituationen boten, so ist es heute die im Bild der Bücherburg, dem Erkennungsbild der Stiftung, symbolisierte Bibliothek, die Schutz und Sicherheit für das schriftliche kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen verspricht und damit ein wichtiger Faktor ist für das kulturelle „Überleben“ über die Erlebnisgenerationen hinweg. Gerald Volkmer schließlich, Mitglied im Stiftungsbeirat, berichtete über Hildegard und Günter Volkmer, die ihr gesamtes Vermögen testamentarisch der Stiftung vermacht und ihn als Nachlassverwalter eingesetzt hatten. Es war die bisher höchste Einzelzuwendung an die Stiftung und die erste namensgebundene Unterstiftung, die daraufhin eingerichtet wurde. Hildegard und Günter Volkmer empfanden es als Verpflichtung, das kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen langfristig und für kommende Generationen zu sichern, und waren überzeugt, dass aus dieser Verpflichtung heraus auch gehandelt werden müsse. Damit wollten sie Beispiel und Vorbild für möglichst viele andere sein, da sie den Fortbestand der Bibliothek als eine gemeinsame Anstrengung und Aufgabe verstanden.

Hatto Scheiner (links) wurde vom ...
Hatto Scheiner (links) wurde vom Bundesvorsitzenden Rainer Lehni mit dem Goldenen Ehrenwappen des Verbandes ausgezeichnet. Foto: Konrad Klein
Zum Abschluss der Festveranstaltung zeichnete Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, den langjährigen Stiftungsvorsitzenden Hatto Scheiner mit dem Goldenen Ehrenwappen des Verbandes aus. In seiner Ansprache hob Lehni die große Verantwortung und verdienstvollen Leistungen Hatto Scheiners für die Stiftung und den Erhalt der Siebenbürgischen Bibliothek hervor. Nimmermüde und unverzagt habe er für die Stiftung geworben und bedeutende Mittel und Zustiftungen eingeworben. Gleichzeitig habe der Geehrte mit einem hohen Maß an Verantwortung und Verlässlichkeit das Stiftungskapital verwaltet, und dabei mit Integrität, großer Sachlichkeit, einer sicheren Hand und gutem Urteilsvermögen die notwendige Balance beim Einsatz des Stiftungsvermögens bewiesen, wodurch die notwendigen Mittel für die Betriebs- und Personalkosten der Siebenbürgischen Bibliothek zur Verfügung gestellt werden konnten. Für diese Leistung gebühren ihm großer Dank und Anerkennung.

Die musikalische Gestaltung der Veranstaltung übernahm Hans Acker am Klavier zusammen mit dem Heidelberger Bariton Michael Roman. Zur Aufführung gelangten, dem Anlass entsprechend, von Heinz Acker vertonte Gedichte von Frieder Schuller („Wir kannten dich – Siebenbürgen“), Dagmar Dusil („Träume- Siebenbürgische Landschaft“) und Rose Ausländer („Vergiss es nicht – wir sind Brüder“) sowie die beiden Miniaturen „De griß Fäsch“ (Die großen Fische) und „Ijän Hierd äs Guldes wiert“ (Eigener Herd ist Goldes wert) aus den Kalendersprüchen nach einem Bilderzyklus von Sieglinde Bottesch. Dieses Repertoire fügte sich wunderbar in das Programm ein und schuf einen würdigen wie gelungenen künstlerischen Rahmen für die Festveranstaltung, den auch das Publikum mit begeistertem and langem Applaus honorierte.

Anschließend fand bei hochsommerlichen Temperaturen ein Empfang auf der Sonnenterrasse von Schloss Horneck statt. Bei Erfrischungen, anregenden Gesprächen und zahlreichen Begegnungen klang der herrliche und abwechslungsreiche Tag aus. Zusätzlich schlossen sich noch viele Teilnehmer und Besucher den Führungen durch Bibliothek und Archiv, das Siebenbürgische Museum und das Schloss mit seinen Themenwänden an und nahmen die vielen verschiedenen und hoffentlich bleibenden Eindrücke dieses Tags mit auf den Nachhauseweg.

Ingrid Schiel

Schlagwörter: Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, Jubiläum, Festveranstaltung

Bewerten:

24 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.