6. Juli 2024

„Die Weichen sind gestellt“ – 50 Jahre Kreisgruppe Ingolstadt

Die Kreisgruppe Ingolstadt lud am 15. Juni zu ihrem 50-jährigen Gründungsjubiläum ein. Dieses bedeutende Ereignis wurde mit vielen Gästen gefeiert, um auf fünf Jahrzehnte erfolgreiche Arbeit und Engagement zurückzublicken. Die Kreisgruppe hat in dieser Zeit einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der kulturellen Vielfalt in Ingolstadt geleistet und sich als unverzichtbarer Bestandteil unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft erwiesen.
Gruppenfoto aller Aktiven, die das Programm der ...
Gruppenfoto aller Aktiven, die das Programm der 50-jährigen Jubiläumsfeier der Kreisgruppe Ingolstadt mitgestaltet haben. Fotos: Wilhelm Theil
Bereits am 2. März 1973 trafen sich in Ingolstadt beherzte Siebenbürger Sachsen, um sich auszutauschen und gemeinsame Aktivitäten zu planen. Anfangs fanden hauptsächlich kleine Veranstaltungen mit geselligem Beisammensein statt. Die Mitgliederzahl betrug 38 Personen und es wurde ein erster Vorstand gewählt.

Am 17. Oktober 1974 kam es dann mit Unterstützung der Münchener Geschäftsstelle der damaligen Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen zur Gründung der Kreisgruppe Ingolstadt. Als erster Vorsitzender wurde Günther Wagner gewählt. Es folgten Ferdinand Broulik, Wilhelm Schenker, Ludwig Seiverth und Gerhard Knall. Seit 2015 wird die Kreisgruppe von Manfred Binder geleitet. 1988 zählte die Kreisgruppe 200 Mitglieder, dann haben immer mehr Landsleute zur Gemeinschaft gefunden, so dass es heute knapp 1 300 Mitglieder sind, die in unterschiedlichen Gruppen mitwirken oder an den verschiedenen Veranstaltungen der Kreisgruppe teilnehmen. Bereits 1984 wurde der gemischte Chor unter der Leitung von Ludwig Seiverth gegründet, der sich über Jahrzehnte, aktiv bis 2015, mit vielen erfolgreichen Auftritten im In- und Ausland großer Beliebtheit erfreute. Neben den traditionellen Tanzunterhaltungen wurden unter der Leitung von Susanne Seiverth bis 2015 etliche Theaterstücke aufgeführt. Der gegründeten Jugendtanzgruppe traten viele Mitglieder bei und im Laufe der Jahre konnte sie erfolgreiche Auftritte bei Veranstaltungen und bei Teilnahmen an Wettbewerben absolvieren. Das Kronenfest nach siebenbürgischem Brauch wurde eingeführt, es wurden Leseabende und Diavorträge abgehalten und eine Frauengruppe wurde ins Leben gerufen.

Im Laufe der Jahre haben sich die Schwerpunkte der Tätigkeitsfelder von der Beratungsarbeit und der Unterstützung bei Behördengängen auf die kulturelle Arbeit verlagert, was sich in der Gründung von heute zwölf aktiven Gruppen widerspiegelt. Dank intensiver Kulturarbeit zählt die Kreisgruppe Ingolstadt aktuell fünf Tanzgruppen (Kinder-, Schüler-, Jugend-, Frauen- und Volkstanzgruppe), zwei Frauengruppen, eine Bäckerinnengruppe, eine Theatergruppe und eine Wandergruppe. Ebenso gehört die Siebenbürger Banater Blaskapelle zur Kreisgruppe und seit 2014 bereichert die Burgberger Singgruppe viele Feste und Veranstaltungen mit beeindruckenden Gesangseinlagen. Die Singgruppe hat 2023 das 30-jährige Gründungsjubiläum gefeiert. Ihr Repertoire umfasst deutsche Lieder, kirchliches Liedgut und Lieder in sächsischer Mundart. Einige der größten Ereignisse der Kreisgruppe waren beispielhaft 1991 die 850-jährige Feier der Siebenbürger Sachsen, der auch der damalige Ingolstädter Oberbürgermeister Peter Schnell beiwohnte, 2007 der Auftritt der Tanzgruppe bei den Eröffnungsfeierlichkeiten zur Europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadts, 2011 die Kulturreferententagung des Verbandes im Ingolstädter Vereinsheim oder im Oktober 2023 die Ausrichtung des 36. Siebenbürgischen Kirchentages und vieles mehr.

Am 9. Juli 2016 wurde im Herzen Ingolstadts, in dem für Spaziergänger angelegten Klenzepark, der Siebenbürgerplatz feierlich eingeweiht, ein Platz zwischen dem Exerzierhaus und der Reithalle, mit dem Hinweis auf die Traditionen, Bräuche und Werte der Siebenbürger Sachsen. Dieser Tag ist in die Geschichte des Vereinslebens der Kreisgruppe Ingolstadt ebenfalls als ein besonderes Ereignis eingegangen und hat somit einen bedeutenden Stellenwert. Deshalb wurde zum Start der 50-jährigen Jubiläumsfeier am 15. Juni hierher eingeladen.

Manfred Binder (rechts) mit Werner Kloos und ...
Manfred Binder (rechts) mit Werner Kloos und Brigitte Thiess. Foto: Wilhelm Theil
Der Kreisgruppenvorsitzende Manfred Binder begrüßte in seiner Ansprache die auf dem Siebenbürgerplatz erschienenen Mitglieder der Kreisgruppe, Gäste und Ehrengäste. Er zitierte Altbundeskanzler Helmut Kohl: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“. Nach einem Sektempfang und der Stärkung mit siebenbürgischen Spezialitäten fand ein Trachtenzug zum Ingolstädter Stadttheater statt, begleitet von der Siebenbürger Banater Blaskapelle. Bis zum Start war der Himmel noch wolkenbehangen, danach begleitete Sonnenschein die vielen Trachtenträger, die von den Zuschauern bewundert und beklatscht wurden. Nach der Ankunft im Festsaal des Stadttheaters wurde das Mittagessen serviert. Eröffnet wurden die Feierlichkeiten im Stadttheater mit Blasmusik und dem Einzug der Fahnenabordnungen der Kreisgruppe Ingolstadt, der Egerländer Gmoi und der Deutschen aus Russland, gefolgt von der Begrüßung des Kreisgruppenvorsitzenden Manfred Binder. 50 Jahre Kreisgruppe Ingolstadt sei ein halbes Jahrhundert voller Erinnerungen, gemeinsamer Erlebnisse und ein starkes Fundament unserer Gemeinschaft. Es werde nicht nur das Bestehen unserer Gemeinschaft gefeiert, sondern auch die Werte und Traditionen, die die Siebenbürger Sachsen ausmachen, ihre Kultur, ihre Geschichte und ihr Zusammenhalt, sagte Binder. Es sei ihm eine große Ehre und Freude, die teilnehmenden Ehrengäste und Sponsoren dieser Feier zu begrüßen. Seitens der Stadt Ingolstadt sind der Einladung Dr. Dorothea Deneke-Stoll, Bürgermeisterin der Stadt Ingolstadt, und die Stadträte Franz Wöhrl, Dr. Christian Lösel (ehemaliger Oberbürgermeister), Dr. Michael Kern, Robert Schidlmeier und Stefan Ertl gefolgt sowie Deniz Türedi von der Frauenunion Ingolstadt und Alfred Grob, MdL. Von geistlicher Seite wurde Dekanin Gabriele Schwarz im Evangelischen Dekanat Ingolstadt und Pfarrer Dr. Jonathan Kühn von der St. Markuskirche Ingolstadt begrüßt. Beifall für ihre Anwesenheit erhielten auch Dr. Bernd Fabritius, Ehrenvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen und Präsident des Bundes der Vertriebenen, und Werner Kloos, stellvertretender Bundesvorsitzender und Landesvorsitzender in Bayern. Vom Bund der Vertriebenen hatten die Einladung angenommen: Johann Metzger, Vorsitzender des Kreisverbandes der Banater Schwaben Ingolstadt, Helmut Kindl, Vorsitzender der Eghalanda Gmoi z’Ingolstadt, und Ida Haag, Vorsitzende der Ortsgruppe Ingolstadt der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Willy Schenker wurde als Gründungsmitglied und ehemaliger Vorsitzender der Kreisgruppe willkommen geheißen. Ein besonderer Gruß ging an Ludwig Seiverth, ehemaliger Vorsitzender und Ehrenmitglied der Kreisgruppe, der mit 93 Jahren als ältestes Mitglied an der Jubiläumsfeier teilnahm. Stellvertretend für alle anwesenden Vorsitzenden der Heimatortsgemeinschaften wurde Udo Müller, der Vorsitzende der HOG Großscheuern, begrüßt. Die HOG Großscheuern ist Mitglied der Kreisgruppe Ingolstadt.

Manfred Binder (links) mit Dr. Bernd Fabritius ...
Manfred Binder (links) mit Dr. Bernd Fabritius und Brigitte Thiess
Ein herzlicher Empfang galt den angereisten Gastgruppen: der Jugendtanzgruppe München, geleitet von ­Sabrina Bottesch, Oliver Martini und Elisabeth Kessler, sowie der Projekt-Jugendtanzgruppe der HOG Großscheuern mit den Leiterinnen Julia und Melina Wagner. Zudem dankte Binder den Ingolstädter Sponsoren für die Unterstützung der Jubiläumsfeier: Monika Göbel, Canisius Apotheke, und Hans Georg Göbbel, Architekturbüro Göbbel. Manfred Binder betonte, dass die Kreisgruppe in den vergangenen fünf Jahrzehnten viel erlebt habe. Es gab Zeiten des Wandels und der Herausforderungen, die mit starkem Willen gemeistert wurden, aber auch Momente der Freude und des Erfolgs. Dank gelte den Gründungsmitgliedern und allen, die in den vergangenen Jahren Zeit, Energie und Leidenschaft investiert haben. Ihr Engagement und der unermüdliche Einsatz machen es möglich, Traditionen zu bewahren und weiterzugeben. Dankbar sei man auch für die Unterstützung der Freunde und Partner in Ingolstadt und darüber hinaus, die geholfen haben, unsere Kultur und unser Brauchtum zu integrieren. Heute sei der Blick nach vorne gerichtet, denn die Zukunft unserer Gemeinschaft liege in den Händen der jüngeren Generation. Gemeinsam könne sichergestellt werden, dass die Siebenbürger Sachsen auch in den kommenden Jahrzehnten eine lebendige und dynamische Gemeinschaft bleiben.

Die geladenen Ehrengäste brachten ihre Gratulationen zum Jubiläum und Glückwünsche für die Zukunft zum Ausdruck: Dr. Dorothea Deneke-Stoll dankte für die regelmäßigen Einladungen zu den Festen der Kreisgruppe, die sie gerne annehme, aber auch für die aktive Teilnahme der Kreisgruppe an verschiedenen Stadtfesten. Manfred Binder überreichte ihr fürs Kommen einen Blumenstrauß.

Alfred Grob betonte in seiner Festansprache, es sei sehr wichtig, dass man sich an die eigenen Wurzeln und die Geschichte erinnere und an den eigenen Bräuchen festhalte. Man könne stolz sein auf das Geschaffene, ohne dabei den Blick auf die alte Heimat verloren zu haben. Bemerkenswert sei die erfolgreiche Kulturarbeit, die seit der Gründung 1974 Früchte getragen habe. Die Heimatvertriebenen hätten Krieg und Vertreibung erlebt, aber auch die Herausforderungen der Nachkriegszeit wie Integration und Völkerverständigung gemeistert, trotz der schlimmen Erfahrung von Vertreibung, Verfolgung und Gewalt unter kommunistischem Regime.

Dekanin Gabriele Schwarz gratulierte im Namen der evangelischen Kirche und bezeugte der Kreisgruppe verdienten Respekt für die Leistungen, die sie in 50 Jahren erbracht hat. In Bayern habe man ein neues Zuhause gefunden und in Ingolstadt eine neue Gemeinschaft gegründet, in der man die guten Traditionen der alten Heimat weiterleben kann. In einem Gebet zum Gedenken schloss sie den Dank ein für alles, was in 50 Jahren geschenkt wurde, betete für das, was die Zukunft fordert, und für offene Augen und Ohren für die Mitmenschen. Nach dem Vaterunser wurde das Lied „Nun danket alle Gott“ mit Begleitung der Blaskapelle gesungen. Manfred Binder dankte für die kurze Andacht und überreichte einem Blumenstrauß. Von der Burgberger Singgruppe erklang das sächsische Lied „Det Bromerchen“ („Die Brombeere“). Danach führte die Kinder- und Schülertanzgruppe ihre Tänze vor.
Vorstandsmitglieder der Kreisgruppe Ingolstadt, ...
Vorstandsmitglieder der Kreisgruppe Ingolstadt, von links: Gerda Knall, Manfred Binder, Ingeborg Binder, Marianne Theil, Hans-Martin Gräf, Gerhard Thot, Brigitte Thiess, Ralf Szekely, die Moderatorinnen Debora und Madlen Mooser sowie Margot Wagner.
Dr. Bernd Fabritius überbrachte in seiner Funktion als BdV-Präsident Grüße aller Landsmannschaften des Bundes der Vertriebenen (BdV) und gratulierte zum Jubiläum. Nur zu gut konnte er sich an das 40-jährige Jubiläum der Kreisgruppe erinnern, zu dem er als Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen eingeladen worden war. Diese Feste seien eine Fortsetzung dessen, was in Siebenbürgen gefeiert wurde, nämlich das Leben in der Gemeinschaft. Es sei auch die Gelegenheit, von der Gesellschaft wahrgenommen zu werden, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, präsent zu sein, Politik mitzugestalten, denn die Rahmenbedingungen dazu wurden vom Staat geschaffen. Er wünschte weitere 50 Jahre und freue sich auf ein Wiedersehen im August beim Großen Sachsentreffen in Hermannstadt.

Im Anschluss trat die Burgberger Singgruppe auf mit dem Lied „Irische Segenswünsche“. Werner Kloos überbrachte der Kreisgruppe im Namen des Landesverbandes Bayern die herzlichsten Glückwünsche zum 50-jährigen Jubiläum. Diese Feier sei die Krönung der Arbeit, die mit Herzblut und Idealismus über viele Jahre geleistet wurde. Er dankte dem Vorsitzenden Manfred Binder, den Ehrenamtlichen für die vielfältigen Aktivitäten und die Einbringungen zum Aufbau der jungen Generation und wünschte, dass der Geist der letzten Jahre auch Wegweiser für die Zukunft sei. Als Dank und Anerkennung für das Engagement zur Festigung und Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft in Ingolstadt und Umgebung verlieh der Landesvorsitzende Ehrenurkunden an alle zwölf aktiven Gruppen, die von ihren jeweiligen Leitern und Leiterinnen entgegengenommen wurden. Manfred Binder verlieh Urkunden an die Jugendtanzgruppe München und an die Projekt-Jugendtanzgruppe Großscheuern als Dank für die Teilnahme an der Jubiläumsfeier.

Nach der Kaffeepause eröffneten die sieben Tanzgruppen das Kulturprogramm mit einem großen Aufmarsch, begleitet von der Blaskapelle. Als Moderatorinnen führten die Zwillingsschwestern Debora und Madlen Mooser souverän durch das Programm und stellten jede Gruppe mit ihrer Leitung und ihren Aktivitäten vor. Die Tanzgruppen boten ein breit gefächertes Programm von Tänzen dar. Zwischendurch sorgte die Theatergruppe mit dem lustigen Sketch „Zum Richter Richard Trichter“ für Heiterkeit. Es war ein Vergnügen und eine Augenweide, den vielen Tänzern und Tänzerinnen in ihren bunten Trachten zuzuschauen. Manfred Binder dankte den einzelnen Gruppen mit einem Geschenkkorb für die Teilnahme und das unermüdliche Engagement. Die Jugendtanzgruppen München, Ingolstadt und Großscheuern beendeten das Kulturprogramm mit einem flotten Gemeinschaftstanz. Zum Abschluss sangen alle das Siebenbürgenlied und die Bayernhymne. Gerda Knall, die Kulturreferentin der Kreisgruppe und Verantwortliche für den Programmablauf, dankte in ihrem Schlusswort allen, die sich aktiv am Festprogramm beteiligt hatten, sei es bei der Erstellung der Festschrift, der Mitwirkung am Kulturprogramm oder als Helfer im Hintergrund. Die Gäste belohnten die Darbietungen mit anhaltendem Beifall. Beim anschließenden Jubiläumsball konnte man mit der Band „Melody & Freunde“ bis nach Mitternacht feiern und tanzen.

Für die Organisatoren, die vielen Mitgestalter und Helfer ging ein anstrengender Tag zu Ende, erfüllt von Freude und Dankbarkeit. Der Kreisgruppe Ingolstadt ist zu wünschen, dass sie weiterhin Erfolg, Schaffenskraft und Beständigkeit hat. Möge es auch zukünftig beherzte Menschen geben, die die Geschicke der Kreisgruppe mit Weisheit und Entschlossenheit leiten und eine Atmosphäre des Zusammenhaltes, der Teamarbeit und Gemeinschaft schaffen. Die Weichen für die nächste Generation sind gestellt!

Marianne Theil

Schlagwörter: Ingolstadt, Binder, Jubiläum, Werner Kloos, Bernd fabritius

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