4. Mai 2021
„Ach, Pfähler! Herrscher! Kämst du doch!“/Dana Grigorceas neuer Roman „Die nicht sterben“
Eine junge rumänische Künstlerin kehrt nach ihrem Studium in Paris zurück in das Ferienparadies ihrer Kindheit, „eine kleine Ortschaft in der Walachei (…), südlich von Transsilvanien gelegen, am Fuß der Karpaten“. Dort, in der kleinen Stadt B., wohnt sie bei ihrer Großtante Margot, liebevoll Mamargot genannt, in deren einst enteigneter, nach 1989 zurückerstatteter Villa Aurora. „Es war nicht allein meine Sehnsucht nach der geliebten Großtante, die mich aus Paris direkt nach B. führte. Sie werden es sich nicht vorstellen können, aber für mich war B. ein Zuhause.“, so schreibt die Erzählerin in Dana Grigorceas neuem Roman „Die nicht sterben“. Der Erzählzeitpunkt, die jüngste Vergangenheit, ist klar definiert: „Ich gelangte mit dem Zug über Ungarn, das gerade Mitglied der Europäischen Union geworden war, nach Rumänien, das drei Jahre später aufgenommen werden sollte.“ Von hier aus werden Erinnerungen an die Sommer der Kindheit vor und nach der politischen Wende wachgerufen und dazu die Geschichte Rumäniens von der Antike an sowie das Werden und Wirken von Vlad Țepeș erzählt.
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![Dana Grigorcea. Foto: © Mardiana Sani ...](/bild/artikel/normal/2021/grigorcea_-foto-mardiana-sani.jpg)
Am Ende der Geschichte – so viel darf verraten werden – kehrt sie zurück zu ihrem menschlichen Selbst und ist doch eine andere geworden, erfahrener und ein wenig weiser: „Das sei die Kunst des Lebens und die beste Art, das Leben zu feiern: die Freude am eigenen Blick.“ – so erklärt sie es Mamargots Haushälterin, nachdem sie sich im Spiegel wieder selbst sehen kann.
Dana Grigorcea, 1979 in Bukarest geboren, lebt seit vielen Jahren mit Mann und zwei Kindern in der Schweiz. Ihr erster Roman „Baba Rada“ erschien 2011, für einen Auszug aus dem Nachfolger „Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit“ (2015) wurde sie beim Ingeborg-Bachmann-Preis mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet, 2018 folgte die Novelle „Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen“. Zwei Bilderbücher veröffentlichte sie ebenfalls: „Mond aus!“ (2016) und „Der Nase nach“ (2018). Der neueste Roman „Die nicht sterben“ ist ein ungemein dichtes Porträt der postkommunistischen Gesellschaft in Rumänien, eine Farce mit hintergründigem Humor, einer satten und dennoch angenehm schlichten, nicht überbordenden Sprache sowie illustrem Personal – allen voran Fürst Vlad III., einst vom Nationaldichter Mihai Eminescu herbeigerufen mit den Zeilen „Ach, Pfähler! Herrscher! Kämst du doch! Mit harter Hand zu richten!“. Ob es geholfen hat?
Doris Roth
Dana Grigorcea: „Die nicht sterben“. Penguin Verlag, München, 2021, 272 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 978-3-328-60153-1
Schlagwörter: Literatur, Buch, Roman, Rumänien, Kommunismus, Gesellschaft
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