8. Juli 2024

„Daheim ist nur der Traum in dir“: Banater Künstler und Autor PAPI (Emilian Roșculescu) gestorben

Nein, anzukommen war für ihn nicht vorgesehen, er teilte das Los aller Emigranten, dessen Fazit er in einem seiner lyrischen Texte festgehalten hat: „ich bin ein bürger ohne biografie / es macht mir spaß daran zu glauben / dass es mich tatsächlich gibt / anhalter / zwischen zwei welten / die ich verließ // ich bin die straße meine angst“.
PAPI (Emilian Roșculescu) Foto: Deutsches ...
PAPI (Emilian Roșculescu) Foto: Deutsches Staatstheater Temeswar (DSTT)
Am 20. Januar 1960 in Reschitza als Emilian Roșculescu mitten in die kommunistische Diktatur hinein geboren, gelang es ihm 1989, einige Monate vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, über die grüne Grenze zu Jugoslawien nach Deutschland zu fliehen, wo er zunächst in Baden-Württemberg und dann in Bayern eine Bleibe fand – anfangs in bürgerlichen Berufen, danach als freischaffender Künstler und Autor, aber immer ruhelos und kreativ unterwegs. Seine Art-brut-Skulpturen und seine realistisch-fantastischen bis abstrakten Bilder, Lithografien und Zeichnungen waren in Frankreich, Deutschland und Rumänien in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, sein publiziertes lyrisches Werk ist hingegen schmal geblieben, doch nicht weniger beeindruckend und bewegend, wie der im Ludwigsburger POP Verlag erschienene Gedichtband „Manchmal später“ zeigt.

2009 kehrte er nach Rumänien zurück, blieb aber weiterhin ein Getriebener zwischen West und Ost – lebens- und wesensbestimmend für PAPI, für den seine Fantasie zum einzig möglichen Fluchtpunkt und seine Biografie zur Begleiterscheinung werden sollte: „ein gleitendes dasein / zwischen dem ersten und letzten / kerzenstummel / überflüssig“. Im Grunde genommen die Chiffre eines für bodenständige Zeitgenossen nur schwer nachzuvollziehenden und nachzuempfindenden Migrantenschicksals, das europaweit auf Vorurteile stößt: „wem zu ehren / meint ihr / trage ich das festgewand / ich bin der friedensengel / aus dem westen / und die sauerteiggurke / aus dem osten“. Nun ist PAPI am 19. Juni 2024 „am ende des weges verstummt“ – was aber bleibt, ist sein künstlerisches Werk, weil ihm bewusst war, „dass nur du / meine chance bist / papier“.

Pop Verlag, Ludwigsburg

PAPI Emilian Roşculescu: „Manchmal später“. Gedichte & Zeichnungen. Aus dem Rumänischen übertragen von Edith Konradt. Pop Verlag, Ludwigsburg, 2005, 80 Seiten, 12,80 Euro, ISBN 3-937139-10-9

Deutsches Staatstheater in Temeswar trauert um PAPI

Das Deutsche Staatstheater Temeswar (DSTT) trauert um einen engen Freund, den Künstler Papi Emilian Roșculescu. Auf der Homepage des DSTT heißt es: „Papi Emilian Roșculescu war eine der prägenden Persönlichkeiten der banatschwäbischen und rumänischen Kulturszene. Während unserer Zusammenarbeit mit ihm bei der Sommerschule in Wolfsberg (Gărâna) engagierte sich Papi mit viel positiver Energie und seinem freien Geist, um dem Ensemble des DSTT zu einer neuen Spielzeit zu verhelfen. Auch wenn er nicht mehr unter uns weilt, bleibt Papi Emilian Roșculescu in unseren Erinnerungen und in unseren Herzen, ebenso wie in den Produktionen des DSTT, Niederungen und Lysistrata 3.0, unter der Regie von Niky Wolcz – wo er in Auftritten der Filmaufnahmen, die das Bühnenspiel begleiten, zu sehen ist.“

Schlagwörter: Nachruf, Bichter, Banat, Reschitza

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