28. Juni 2024

HOG Großscheuern trauert um Lukas Groß

Am 12. Mai verstarb nach kurzer Krankheit und zweitägigem Krankenhausaufenthalt unser Landsmann Lukas Groß. Mit ihm verliert die HOG Großscheuern eines ihrer aktivsten Mitglieder. Der Verstorbene hat fast seine ganze Freizeit der Tätigkeit im Verein gewidmet und durch sein langjähriges, vielseitiges Handeln das Vereinsleben geprägt.
Großscheuern trifft Kleinscheuern: Stefan Gross, ...
Großscheuern trifft Kleinscheuern: Stefan Gross, Ehrenvorsitzender der HOG Großscheuern, der Historiker Martin Rill (gebürtig aus Kleinscheuern) und der jüngst verstorbene Lukas Gross, bekannter Großscheuerner Heimatforscher und Genealoge (v.l.n.r.), auf dem Heimattag 2022 in Dinkelsbühl. Foto: Konrad Klein
Lukas Groß wurde am 17. September 1938 als Sohn des Landwirts Lukas Groß und seiner Ehefrau Anna geb. Fuss in Großscheuern geboren. Er war der Älteste von drei Brüdern, die zeitlebens ein gutes Verhältnis hatten, auch nach der Auswanderung in Ingolstadt oft zusammenkamen und sich gegenseitig unterstützten. Lukas wuchs bis 1944 wohlbehütet auf dem Bauernhof seiner Eltern auf. Am 7. September ereilte die Familie ein schwerer Schicksalsschlag. Auf durchmarschierende russische Truppen wurden Bomben abgeworfen, von denen zwei den elterlichen Hof zerstörten. Die vor den kriegsbedingten Ereignissen auf ein Anwesen auf Großscheuerner Gemarkung geflüchtete Familie blieb unversehrt. Nach drei Wochen kehrte sie in den Ort zurück und fand ein Haus in Schutt und Asche und eine abgebrannte Scheune vor. Da der Vater seit 1943 an der Front war, fanden die drei Brüder und ihre Mutter eine neue Bleibe auf dem Bauernhof der Großeltern mütterlicherseits. Hier blieben sie, geborgen und umsorgt, geprägt von den liebevollen und fleißigen Großeltern, bis 1957 wohnen. Der gutmütige Großvater Michael Fuss war den Buben Vaterersatz, nahm sie mit aufs Feld, wies sie dem Alter entsprechend in die Feldarbeit ein, die Großmutter Sofia Fuss sorgte dafür, dass sie nie hungrig ins Bett gingen.

Von 1945-1952 besuchte Lukas die Volksschule in Großscheuern. Während der Ferien der letzten Volksschuljahre arbeiteten Lukas und sein Bruder Stefan auf der Staatsfarm. Mit dem schwer verdienten Geld wurde ein Fahrrad gekauft, mit dem Lukas später in die Schule nach Hermannstadt radelte. Von 1952 bis 1956 war Lukas Schüler des Lehrerseminars und Gymnasiums in Hermannstadt, das er mit dem Erwerb des Abiturdiploms beendete. Bis in die letzten Stunden seines Lebens blätterte er in den Berichten mit Bildern über die Klassentreffen und war in Gedanken mit allen verbunden.

Das Jahr 1956 bescherte der Familie ein freudiges Ereignis: nach über zehn Jahren Abwesenheit wegen Krieg und Deportation kehrte der sehnlich erwartete Vater zurück zur Familie und wurde freudig in die Arme geschlossen. Seinen Besuch der Technischen Schule für Topographie in Hermannstadt von 1956 bis 1958 beendete er mit einem Diplomabschluss, der später auch in Bayern als Diplomingenieur FH anerkannt wurde. Bis zu seiner Ausreise 1979 arbeitete Lukas in staatlichen Ämtern für Landesvermessung in Hermannstadt und Kronstadt und erwarb sich durch sein Fachwissen und seine Zuverlässigkeit schnell große Anerkennung. Als Gruppen- und Projektleiter wurde er in verschiedenen Landesteilen eingesetzt. 1979 gelang ihm die Ausreise aus Rumänien und er ließ sich in Ingolstadt nieder, wo auch seine Brüder Stefan und Georg lebten. Er fand Arbeit als Topograph IT beim Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten. Dort ging er 2001 nach 43 Arbeitsjahren in Rente.
Einige der Autoren präsentieren das Heimatbuch ...
Einige der Autoren präsentieren das Heimatbuch beim 20. Treffen der HOG-Großscheuern am 30. Oktober 2015, von links: Pfarrer Hermann Kraus, Stefan Groß, Johann Grau, Lukas Groß, Christian Fuss, Michael Guist. Fotoarchiv: HOG-Großscheuern
Lukas Groß war ledig, hatte aber eine tiefe Zuneigung zu den Familien seiner Brüder Stefan und Georg, bei denen er ein gerngesehener Gast war. Seine große Familie aber waren die Siebenbürger Sachsen und die HOG-Großscheuern, denen er die als Rentner mehrerworbene Freizeit widmete. Er war Mitglied im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde und Verein für Genealogie der Siebenbürger Sachsen und nahm regelmäßig an deren Tagungen teil. Er war Gründungs- und Vorstandsmitglied der HOG Großscheuern, Schriftführer, Fotograf, Berichterstatter, Heimatforscher, Autor und Lektor des Großscheuerner Heimatbuches. Die von ihm mitgestalteten Foto- und Schautafeln bereicherten jedes Großscheuerner Heimattreffen, regten zu Gesprächen an und erweckten das Interesse für alte Fotos und Schriften. Besonders zwei Projekte seiner vielseitigen Vereinstätigkeit werden immer mit seinem Namen verbunden bleiben: die Arbeit im Genealogieverband und das Großscheuerner Heimatbuch. Als Genealoge für Großscheuern mussten viele Daten in das Programm Gen_Plus eingearbeitet werden, und fehlende Matrikelbücher ausfindig gemacht werden. Nach fehlenden Daten suchte er auch im Archiv des Rathauses Großscheuern. Begeistert berichtete er über diese zeitaufwändige, aber interessante Arbeit, durch die er vielen Landsleuten Auskunft über ihre Vorfahren geben konnte und Stammbäume über zwölf Generationen erstellte.

Die größte und zeitintensivste Herausforderung war aber das Projekt Heimatbuch. Seine berufliche Tätigkeit führte Lukas zu Vermessungsarbeiten auch auf Großscheuerner Gemarkung. Dabei wurde er von älteren Landsleuten unterstützt, die die Eigentums- und Familienverhältnisse der Vorkriegszeit noch gut kannten und viel erzählten. Das Studium alter Bücher, geschichtlicher Dokumente und Quellen in den Archiven in Wien, Budapest und Hermannstadt, regelmäßige Kontakte zu den Archiven auf Schloss Horneck in Gundelsheim und im Friedrich-Teutsch-Haus in Hermannstadt erweiterten seinen Kenntnisstand. Weitere Informationsquellen waren die Gespräche mit anderen Heimatbuchautoren und geschichtskundigen Persönlichkeiten. Leiter dieses Projektes, an dem 18 Autoren beteiligt waren, war Lukas‘ Bruder Stefan. Er organisierte die Besprechungen und den Ringtausch der Autoren. Bedeutendster Autor, Gestalter und Lektor war Lukas. Bei ihm flossen alle Beiträge zusammen, wurden korrigiert und eingearbeitet. So konnte am 20. Heimattreffen der HOG Großscheuern das zweibändige, umfangreiche Heimatbuch vorgestellt und verteilt werden.

Lukas Groß war ein intelligenter, freundlicher, aufgeschlossener und zuvorkommender Mensch. Sich in den Mittelpunkt zu drängen, vorzupreschen war nicht seine Art. Bescheiden und gewissenhaft, fleißig und beharrlich, agierte er lieber abseits des Rampenlichts. Sein durch harte, jahrelange Arbeit erworbenes umfangreiches Wissen über seinen Heimatort machten ihn zu einem „wandelnden Lexikon“, wie sein Freund Michael Guist bemerkte. Der langjährige Großscheuerner Pfarrer Hermann Kraus nannte Lukas einen treuen und zuverlässigen Freund und beschrieb seine Arbeit wie folgt: „Ich weiß nicht, ob ich überhaupt seine Verdienste für den Weitertransport des Wissens über eure Heimatgemeinde Großscheuern hoch genug einschätzen kann.“

Für seine umfassende ehrenamtliche Tätigkeit wurde Lukas Groß vielfach gehrt und ausgezeichnet: Ehrenurkunde im Namen des Freistaates Bayern für 40 Jahre Dienstzeit, Silberne Ehrennadel des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaft, Goldene Ehrennadel desselben Verbandes, Ehrenurkunde der HOG Großscheuern für 30 Jahre Schriftführer, Internet Editor und Berater im Vorstand, Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten, Goldene Ehrenamtskarte der Stadt Ingolstadt. Dankbar und mit Demut nahm er diese Auszeichnungen entgegen. Wir werden uns gerne und in Dankbarkeit an unseren Landsmann und Freund Lukas Groß erinnern und ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Im Namen der HOG-Großscheuern

Michael Guist, Udo Müller, Stefan Groß

Schlagwörter: Großscheuern, HOG, Nachruf, Groß, Heimatbuch

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