3. Juli 2024

Verdienstvoller Forstmann, Jagdhistoriker und Botaniker: Zum Gedenken an Rudolf Rösler

Schon wieder ein schwarzumrandeter Brief! Eine schlichte Karte mit einer Handzeichnung der Bistritzer Kirche: Rudolf Rösler, 14. Dezember 1934 in Bistritz geboren, am 8. Juni 2024 in Regensburg verstorben. Der Verstorbene war ein bekannter Forstmann, Jagdhistoriker, Botaniker.
Dietlinde und Rudolf Rösler an ihrem 60. ...
Dietlinde und Rudolf Rösler an ihrem 60. Hochzeitstag, Regensburg 2019
Ich bin ihm nur einmal persönlich begegnet, für wenige Minuten, habe aber über fast 20 Jahre eine lebhafte Korrespondenz mit ihm ausgetauscht und unzählige Telefonate geführt. Alle diese persönlichen Kontakte waren geprägt von ausgezeichneter Hochachtung und Wertschätzung. Es war stets eine Freude, wenn auf eine Sendung, Buch, Manuskript oder sonstige Anfrage prompt ein Brief kam. Das Gesandte war aufmerksam gelesen, analysiert und meist mit Lob und Ermunterung beantwortet. Die notwendige Kritik war so verpackt, dass man sie als wohlwollende Ergänzung empfand. Charakteristisch für die stets mit kräftigem Filzstift handgeschriebenen Briefe waren die eingestreuten Handzeichnungen (Landschaften, kleine Hirsche, Bären, Häuschen etc.) und die farbliche Markierung der Großbuchstaben, hin und wieder auch der Schlüsselwörter.

Rudolf Rösler ist am 14. Dezember 1934 in Sankt Georgen (Kreis Bistritz) geboren. Manchen wird es irritieren, wenn als Geburtsort Bistritz genannt ist. Auch in Siebenbürgen benützte man gerne die Bezeichnung der nächstgrößeren Stadt statt des kleinen unbekannten Herkunftsortes. Damit machte man es dem Gesprächspartner leichter, eine regionale Zuordnung zu finden.

Seine schulische und berufliche Laufbahn verbrachte Rudolf Rösler in Bistritz, bis auf zwei kurze Unterbrechungen: 1944/45 die Evakuierung durch die deutsche Wehrmacht nach Sachsen und die Studienzeit in Kronstadt. Auch die familiären Wurzeln stammten aus diesem Landesteil, so dass seine Bodenständigkeit hieraus erklärlich ist. Er war ein echter Bistritzer, und zu Hause war es am schönsten.

Beruflich führten ihn seine Wege durch ganz Rumänien. Er lernte das Land nicht nur kennen, sondern vor allem lieben. Seine Schönheiten, seine Besonderheiten, seine Flora und Fauna begeisterten ihn. Die Misswirtschaft, auf die er immer wieder stieß, konnten ihn ehrlich aufregen und zu ausgiebigem Schimpfen veranlassen.

Seine Karriere als Forstmann begann 1959 in Kronstadt am Institut für Forsteinrichtungen. 1961 trat er in die Forstdirektion Bistritz ein, wo er es bis zur Funktion eines Leitenden Forstdirektors brachte. Zahlreiche Aufsätze über die jagdliche Fauna, speziell des Goldschakals und des Bären, basierten nicht nur auf Beobachtung, sondern auch auf historische Recherche. So kam auch ich mit ihm in Kontakt. Als ich die Bücher meines Großvaters August von Spieß nicht nur hier in Deutschland überarbeitet neu herausgab, sondern auch übersetzen ließ, resp. notgedrungen auch selbst übersetzen musste, fand ich in Rudolf Rösler einen begeisterten Verehrer meines Großvaters und, was mir in dem Moment auch sehr wichtig war, einen sach- und sprachkundigen Fachmann. Ohne seine Hilfe hätte ich manchen Streit um die Jagdsprache, ich denke dabei nur an den Ausdruck „Schweißhund“ resp. „câine limier“, kaum bestehen können.

Während seines Studiums an der Forstwissenschaftlichen Fakultät in Kronstadt (1953-61) lernte er die Kommilitonin Dietlinde Lang kennen. Nach einer zweijährigen Verlobungszeit heirateten sie 1959. Es wurde eine 65 Jahre glückliche Ehe, aus der zwei Söhne und drei Enkelkinder hervorgingen. In seiner Frau Dietlinde hatte Rudi Rösler die ideale Gefährtin, die ihm in vielen Dingen den Rücken freihielt und ihn bis zuletzt liebevoll pflegte. Sie war auch auf Augenhöhe seine tatkräftige Mitarbeiterin. Zahlreiche Aufsätze in der Botanik, z.B. zur Teratologie, der Wissenschaft von den Fehlbildungen, und zur Chorologie, der Verbreitung z.B. der Orchideen, u.v.a.m. gingen aus gemeinsamer Arbeit in den Jahren nach der Umsiedlung (1976) hervor.

Wer so mit seiner Arbeit verbunden ist, wer so viel Material gesammelt hat, wer so national und international vernetzt ist, steigt nicht so leicht aus seinem Beruf aus. Nach einem „Zwischenspiel“ im Stadtgartenamt Landshut setzte Rudolf Rösler alles daran, wieder in der Forstverwaltung zu arbeiten. Das gelang und ab 1978 war Rösler noch 20 Jahre in der Oberforstdirektion Niederbayern-Oberpfalz in Regensburg in leitender Funktion tätig.

In den letzten 30 Jahren, nach seiner Pensionierung, trat ein dritter Schwerpunkt in den Vordergrund, hochinteressant, oft schwer zu bearbeiten: die forst- und jagdhistorischen Themen. Mit solch kleinen Monographien konnte Rudolf Rösler manch fortschrittlichen Gedanken wieder in Erinnerung bringen. Er begrüßte es sehr, dass ich ähnliche Themen bearbeitete (H. v. Rezori, Ch. W. Danford). Für ihn wurde es in den letzten Jahren immer schwerer, die gesetzten Ziele zu erreichen. Zudem setzte die Corona-Epidemie ihm auch noch zu.

In seinem letzten Brief vom 3. Juni 2023 schrieb er mir: „Ich kann nicht mehr arbeiten!“ Und dennoch sandte Rudolf Rösler mir am 31. Januar 2024 seine – wie er selbst bemerkte – letzte Arbeit über „Die Mönchsrobbe (Monachus monachus Hermann 1779) des Schwarzen Meeres unter besonderer Berücksichtigung Rumäniens“. Der Beitrag sollte Weihnachten als Überraschung im Band 2023 der Beiträge zur Jagd- und Wildforschung erscheinen. Der in gewohnter Weise klar gegliederte Artikel enthält zusätzlich einen Abschnitt „Epilog und Danksagung“. Rösler geht darin auf seine Situation in Rumänien und in Deutschland ein: Als der Autor 1976 nach 19-jährigem Dienst in den Staatsforsten Rumäniens nach Bayern umsiedelte, „hatte er vor – wie in Rumänien – seine fachlichen Unterlagen in Deutschland zu verwerten. Der damalige Herausgeber der Zeitschrift für Jagdwissenschaften (Hamburg und Berlin) beanspruchte hierfür die Genehmigung seitens der rumänischen Jagd-Forschungsbehörde. Wie in Rumänien schon erlebt, wurde dem Autor dieser Arbeit der amtliche Segen zur Veröffentlichung nicht erteilt, so wurden seine Arbeiten in seiner neuen Heimat Deutschland auf populärwissenschaftlichem Niveau in den gängigen Jagd- und Forstzeitschriften publiziert. Es besteht nun die Gefahr, die reiche Datensammlung der Vergessenheit preiszugeben.“ Erst nach der deutschen Wiedervereinigung (1990) konnte Rösler in die „Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung e.V.“ aufgenommen werden und seine Arbeiten in den Beiträgen zur Jagd- und Wildforschung ab dem Band 31/2006 publizieren.

Über die wissenschaftliche Tätigkeit Rudolf Röslers hat die Vorsitzende der Sektion Naturwissenschaften des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, Dr. Erika Schneider, zu seinem 80. Geburtstag in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 20 vom 15. Dezember 2014, S. 11, eine ausführliche Würdigung verfasst.

Der Verstorbene selbst hat schon zu Lebzeiten in kluger Voraussicht und liebevoller Verbindung zu seiner alten Heimat alle seine Schriften der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim überlassen, wo sie ebenso wie aus dem Bayr. Bibliotheksverbund digital leicht aufzurufen sind. Auch eine große Anzahl alter volkskundlicher Textilien kamen als Geschenk an das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim.

„… in Würdigung des Lebenswerkes zur Erforschung der rumänischen Wildfauna“ erhielt Rudolf Rösler als aktives Mitglied 2016 die Ehrenmedaille der Gesellschaft für Wildtier- und Jagdforschung. Er bemerkt dazu in seinem letzten Artikel: „Für mich waren damit die einstigen in Kauf genommenen Enttäuschungen in der alten Heimat etc. wunschlos behoben.“

Der Biologe und Forstmann Rudolf Rösler war ein positiver Mensch und sich des Wertes seiner Arbeit bewusst. Am Ende seines Wirkens resümierte er: „Ich hoffe, dass mein Beitrag so manchen Fachmann, Jagdfreund, Angler und Jäger anspornt, die bisher müh-sam zusammengetragenen Daten auch weiterhin zu sammeln und zu veröffentlichen.“

Dr. Helga Stein

Sektion Karpaten des DAV trauert um Dipl.-Forstwirt Rudolf Rösler

Es ist schwer, sogar sehr schwer, einem lieben, so sehr geschätzten Meschen einen würdevollen Nachruf zu verfassen. Und dies umso mehr, als sein Ableben am 8. Juni 2024 für unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft einen herben Verlust darstellt.

Rudolf Rösler, geboren am 14. Dezember 1934, brillierte mit seinem breit gefächerten Wissen als Forstmann, Botaniker, Jagdkundler bereits in seiner alten Heimat, wo ihm schon früh führende Positionen in der Forstwirtschaft des Landes anvertraut wurden. Es gehörte zum Charakter von Rudolf Rösler, dass er sich zeit seines Lebens mit den verschiedensten Bereichen der Naturwissenschaften und nicht in einem minderen Maß mit der Geschichte seiner Heimat, des Nösner Landes, wissenschaftlich befasste. Einen wahren Fundus in dieser Beziehung bilden die von Rösler niedergeschriebenen Sagen und Legenden, die er zusätzlich künstlerisch-graphisch ausgestaltete.

Ausschlaggebend für Röslers Lebenswerk war jedoch auch nach seiner Umsiedlung 1976 nach Deutschland seine wissenschaftliche Tätigkeit, der er als rühriger, vielseitig interessierter Forscher nachging. Das Resultat waren über 400 wissenschaftliche Veröffentlichungen, die von der Fachwelt einhellig geschätzt wurden. Er verschmähte nicht, seine Veröffentlichungen in heimischen Blättern zu bringen, vor allem im Rahmen des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, aber auch in den Jahrbüchern der Sektion Karpaten des DAV. Aus Letzteren ergab sich eine Zusammenarbeit, auf welche unser Verein regelrecht stolz war, egal, ob es Beiträge über die heimische Fauna und Flora waren, über die Sprache der Zigeuner oder ein Aufsatz über den „verdienstvollen Naturwissenschaftler und Pionier des Naturschutzes Heinrich Wachner, 1877-1960“.

Dank seines reichen Fachwissens und seiner Erfahrung mit Land und Leuten in Rumänien wurde Rösler 1987 zum beratenden Sachverständigen des Europarates für Jagdwesen in Ost- und Südosteuropa berufen. Desgleichen war er Mitglied in über 20 forstlichen, botanischen, Naturschutz- und anderen Vereinen, internationalen Kommissionen und wissenschaftlichen Gesellschaften. Für seine wahrhaftig enzyklopädische Tätigkeit schulden wir Rudolf Rösler unermesslichen Dank. Im Namen der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins

Manfred Kravatzky

Schlagwörter: Porträt, Nachruf, Forstmann

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