18. Juni 2008
Lore Poelchau - unschätzbare Verdienste um die Sicherung sächsischen Kulturguts
Am 13. Mai 2008 starb Dr. Lore Poelchau, eine Deutschbaltin aus Riga, die sich nach der politischen Wende für viele Jahre mit größtem Nachdruck für die Sicherung der evangelischen Gemeindearchive einsetzte und zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten über Siebenbürgen vorlegte.
Deutschbalten ist Siebenbürgen und sind zumal dessen Sachsen natürlich ein Begriff, sind doch Geschichte und Kultur der beiden Gruppen in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Bei Lore Poelchau (geboren am 25. September 1927 in Riga) kamen schon seit Jugend- und Studienzeiten, die sie nach Umsiedlung und späterer Flucht in Erlangen zubrachte, intensive siebenbürgische Freundschaften hinzu. So kam bei der Gymnasiallehrerin, die später in neulateinischer Philologie promovierte, zunächst das wissenschaftliche Interesse an Siebenbürgen zustande, was sich etwa in Übertragungen lateinischer Texte des 16. bis 18. Jahrhunderts und deren Kommentierung niederschlug.
Kurz nach der politischen Wende erkannte Dr. Poelchau, die gerade pensioniert worden war, die enorme Dringlichkeit einer systematischen Sicherung der Kirchenarchive der fast verwaist zurückgebliebenen siebenbürgisch-sächsischen Gemeinden – und ging nach Siebenbürgen, um sich dort dieser Aufgabe zu stellen.
Als Ergebnis einer von der Kirchenleitung in Hermannstadt und dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) unternommenen Initiative im September 1990 übernahm Frau Dr. Poelchau die Aufgabe der Kulturgutbergung von Dr. Gerhard Schullerus und sicherte bereits im Oktober 1990 das erste Gemeindearchiv. Es folgte der Aufbau eines „Archivbüros“ beim Landeskonsistorium, ungezählte Fahrten in die Gemeinden zur Feststellung des Handlungsbedarfs und zur Bergung von Gemeindearchiven und Vasa sacra, die zunächst in Sammelstellen der Kirchenbezirke und später großteils in Hermannstadt zusammengeführt wurden. Frau Dr. Poelchau arbeitete dabei eng mit Kirchenarchivleitern in Deutschland zusammen, etwa mit Professor Bernd Hey in Bielefeld oder Dr. Helmut Baier in Nürnberg, hielt laufenden Austausch mit dem Siebenbürgen-Institut und fand auch bald junge Helfer, meist Absolventen oder Studenten aus Deutschland, die als schwungvolle Truppe Bedeutendes leisteten.
Bis 1996, als Dr. Poelchau wieder nach Deutschland zurückzog, konnten über 150 Gemeindearchive und eine große Zahl weiterer Kulturgüter gesichert und vor Verfall oder Diebstahl gerettet werden. Zugleich wurde die Grundlage für die Ordnung und Erschließung dieses enormen Fundus gelegt, so dass das später im rückerstatteten ehemaligen Waisenhaus in Hermannstadt eingerichtete Kultur- und Begegnungszentrum „Friedrich Teutsch“ auf dieser breiten Grundlage aufbauen konnte. Nicht zuletzt gehört auch dessen jetziger Leiter zu jenen jungen Leuten, die Mitte der 1990er Jahre mit Frau Dr. Poelchau keine Mühen bei der Archivbergung scheuten.
Aber für Lore Poelchau blieben sowohl die vielfältigen siebenbürgischen Kontakte und Freundschaften als auch das wissenschaftliche Thema Siebenbürgen wichtig: So übersetzte sie auch nach ihrer Rückkehr eine Vielzahl neulateinischer siebenbürgischer Dichtungen ins Deutsche und kommentierte sie, zum Teil Funde aus ihrer Archivarbeit in Siebenbürgen. Zuletzt legte sie ein Manuskript über Christian Schesäus vor – es hätte dies ein Beitrag für eine Tagung rund zwei Wochen vor ihrem Tod sein sollen, doch hatte sie die Teilnahme aus Gesundheitsgründen bereits abgesagt. 2006 erschien als Buch ihre Übersetzung des wichtigen Werkes „Cibinium“ von Georg Soterius, der ersten umfassenden historischen Studie über Hermannstadt vom Anfang des 18. Jahrhunderts.
Dass sie sich aber genauso intensiv auch baltischen Themen zuwandte – etwa in einer Geschichte des Zisterzienserklosters Dünamünde in Livland (heute ein Stadtteil von Riga) – sei ebenso erwähnt. Eine ihrer letzten Forschungen war eine neue und umfassende Übertragung der Cosmographie von Johannes Honterus. Die Arbeit konnte sie nicht abschließen und übergab sie kurz vor ihrem Tod (in Schondorf am Ammersee, ihrem Wohnort der letzten Jahre) dem Landeskundeverein zu treuen Händen. Dieser wird das Vorhaben fortführen und dabei sowohl der redlichen Wissenschaftlerin Dr. Lore Poelchau als auch der zupackenden, stets geistig regen, den Zeitgeist kritisch kommentierenden, charmanten und stets Fröhlichkeit ausstrahlenden Persönlichkeit dankbar gedenken.
Kurz nach der politischen Wende erkannte Dr. Poelchau, die gerade pensioniert worden war, die enorme Dringlichkeit einer systematischen Sicherung der Kirchenarchive der fast verwaist zurückgebliebenen siebenbürgisch-sächsischen Gemeinden – und ging nach Siebenbürgen, um sich dort dieser Aufgabe zu stellen.
Als Ergebnis einer von der Kirchenleitung in Hermannstadt und dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) unternommenen Initiative im September 1990 übernahm Frau Dr. Poelchau die Aufgabe der Kulturgutbergung von Dr. Gerhard Schullerus und sicherte bereits im Oktober 1990 das erste Gemeindearchiv. Es folgte der Aufbau eines „Archivbüros“ beim Landeskonsistorium, ungezählte Fahrten in die Gemeinden zur Feststellung des Handlungsbedarfs und zur Bergung von Gemeindearchiven und Vasa sacra, die zunächst in Sammelstellen der Kirchenbezirke und später großteils in Hermannstadt zusammengeführt wurden. Frau Dr. Poelchau arbeitete dabei eng mit Kirchenarchivleitern in Deutschland zusammen, etwa mit Professor Bernd Hey in Bielefeld oder Dr. Helmut Baier in Nürnberg, hielt laufenden Austausch mit dem Siebenbürgen-Institut und fand auch bald junge Helfer, meist Absolventen oder Studenten aus Deutschland, die als schwungvolle Truppe Bedeutendes leisteten.
Bis 1996, als Dr. Poelchau wieder nach Deutschland zurückzog, konnten über 150 Gemeindearchive und eine große Zahl weiterer Kulturgüter gesichert und vor Verfall oder Diebstahl gerettet werden. Zugleich wurde die Grundlage für die Ordnung und Erschließung dieses enormen Fundus gelegt, so dass das später im rückerstatteten ehemaligen Waisenhaus in Hermannstadt eingerichtete Kultur- und Begegnungszentrum „Friedrich Teutsch“ auf dieser breiten Grundlage aufbauen konnte. Nicht zuletzt gehört auch dessen jetziger Leiter zu jenen jungen Leuten, die Mitte der 1990er Jahre mit Frau Dr. Poelchau keine Mühen bei der Archivbergung scheuten.
Aber für Lore Poelchau blieben sowohl die vielfältigen siebenbürgischen Kontakte und Freundschaften als auch das wissenschaftliche Thema Siebenbürgen wichtig: So übersetzte sie auch nach ihrer Rückkehr eine Vielzahl neulateinischer siebenbürgischer Dichtungen ins Deutsche und kommentierte sie, zum Teil Funde aus ihrer Archivarbeit in Siebenbürgen. Zuletzt legte sie ein Manuskript über Christian Schesäus vor – es hätte dies ein Beitrag für eine Tagung rund zwei Wochen vor ihrem Tod sein sollen, doch hatte sie die Teilnahme aus Gesundheitsgründen bereits abgesagt. 2006 erschien als Buch ihre Übersetzung des wichtigen Werkes „Cibinium“ von Georg Soterius, der ersten umfassenden historischen Studie über Hermannstadt vom Anfang des 18. Jahrhunderts.
Dass sie sich aber genauso intensiv auch baltischen Themen zuwandte – etwa in einer Geschichte des Zisterzienserklosters Dünamünde in Livland (heute ein Stadtteil von Riga) – sei ebenso erwähnt. Eine ihrer letzten Forschungen war eine neue und umfassende Übertragung der Cosmographie von Johannes Honterus. Die Arbeit konnte sie nicht abschließen und übergab sie kurz vor ihrem Tod (in Schondorf am Ammersee, ihrem Wohnort der letzten Jahre) dem Landeskundeverein zu treuen Händen. Dieser wird das Vorhaben fortführen und dabei sowohl der redlichen Wissenschaftlerin Dr. Lore Poelchau als auch der zupackenden, stets geistig regen, den Zeitgeist kritisch kommentierenden, charmanten und stets Fröhlichkeit ausstrahlenden Persönlichkeit dankbar gedenken.
Harald Roth
Schlagwörter: Nachruf, Kultur, AKSL, Siebenbürgen-Institut, Kirche und Heimat
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