2. Juni 2024

Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli: "Wenn sich alle Menschen verstehen, so ist das tatsächlich ein Wunder"

Den Pfingstgruß seitens der Heimatkirche, der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, übermittelte Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli, der zugleich Dechant des Kronstädter Kirchenbezirks und Bukarester Stadtpfarrer ist, am 19. Mai bei der Festkundgebung vor der Schranne in Dinkelsbühl. „Pfingsten, das dritte christliche Hochfest, hat im Wesentlichen mit Kommunikation zu tun, weil sich damals in Jerusalem plötzlich alle verstanden.“ Wenn sich alle Menschen verstünden, sei das tatsächlich ein Wunder, betonte der Bischofsvikar. Seine Ansprache wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben.
Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli übermittelte den ...
Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli übermittelte den Pfingstgruß seitens der Heimatkirche. Foto: Petra Reiner
Hohe Festversammlung,
verehrte Würdenträger aus Gesellschaft und Politik,
Liebe Landsleute,
läw Sästern uch Bräder!

Es ist mir eine besondere Ehre und Freude an diesem Heimattag die Pfingstgrüße der „Heimatkirche“ zu überbringen. Pfingsten, das dritte christliche Hochfest, hat im Wesentlichen mit Kommunikation zu tun, weil sich damals in Jerusalem plötzlich alle verstanden. Und wenn sich alle Menschen verstehen, so ist das tatsächlich ein Wunder. Die Bibel erzählt die Geschichte vom Turmbau zu Babel. Sie ist eine alte Geschichte mit einer klaren Botschaft: Der Hochmut des Menschen, dass So-Sein-Wollen-Wie-Gott, sein grenzenloses Verhalten führten dazu, dass sich die Menschen nicht mehr verstanden. Ab nun war jeder auf sich allein gestellt. Jede Nation, jedes Volk, mit eigener Sprache, Kultur und Identität. Dieses Auf-sich-allein-beschränkt-sein sorgte im Laufe der Geschichte für viele unliebsame Entwicklungen und kollektiver Schuld. Pfingsten erneuert jedoch die Kommunikation, wie es der Philosoph David Lauer feststellte. Der Geist Gottes setzt sich über jegliche nationalen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Schranken hinweg und führt Menschen zusammen. Er schafft eine gemeinsame Sprache mit wesentlichen Inhalten: Gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung, Solidarität und Nächstenliebe, Offenheit und Ehrlichkeit. Wenn diese Aspekte unsere Sprachformen prägen, dann ist es wahrlich Pfingsten geworden. Dieses Fest, welches nicht leicht zu erfassen ist, wird in besonderen Augenblicken erfahrbar, wie zum Beispiel im friedlichen Zusammenwirken der Völker, in Gesten und Symbolen der Solidarität. Eine beachtenswerte Geste ist es darum, dass das rumänische Parlament den 21. April als gesetzlichen Tag der rumänisch-deutschen Freundschaft bestimmt hat. Ob nun Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben, Bundesdeutsche oder Rumänen usw. - alle haben an dieser Freundschaft beigetragen. So geschieht Pfingsten. Ein weiteres Beispiel ist tief verwurzelt in unserer eigenen Kirchengeschichte. Das 16. Jahrhundert war prägend für unsere Identität als evangelische Kirche, als Kirche der Siebenbürger Sachsen. Es brachte eine Vielzahl von Konfessionen mit sich: Lutheraner, Reformierte, Unitarier, Katholiken aber auch Orthodoxe. Jede Konfession sprach die eigene Sprache, hatte aber nicht die gleiche Stimme. Diese wurde am 13. Januar 1568 in Torda hörbar, wo das erste Toleranzedikt in Europa verabschiedet wurde, welches Religionsfreiheit für die damaligen Religionsgemeinschaften vorschreibt. Ein beachtliches Datum und ein wesentlicher Schritt hin zur Freiheit, Verständnis und Offenheit. So hat das Staatsekretariat für Kultgemeinschaften in Rumänien dem Parlament vorgeschlagen, den 16. Mai, in Erinnerung an dieses Toleranzedikt, als einen nationalen Gedenktag der Religionsfreiheit einzuführen. Man wartet noch auf die Ratifizierung.

Solche Beispiele aus Politik und Geschichte zeigen, wie Pfingsten wirkt, wenn Menschen plötzlich eine gemeinsame Sprache sprechen. Es ist zwar Sprache der Politik, säkulare Sprache, aber auch die Sprache des Heiligen Geistes. Er führt Menschen zusammen, er setzt neue gemeinsame Maßstäbe, er baut Brücken, er ermöglicht Kommunikation über Grenzen hinweg. Der bekannte evangelische Liederdichter Paul Gerhardt beschrieb diese Handlungsweise des Heiligen Geistes mit folgenden Zeilen: "Du bist ein Geist der Liebe, ein Freund der Freundlichkeit, willst nicht, dass uns betrübe, Zorn, Zank, Hass, Neid und Streit. Der Feindschaft bist du feind, willst dass durch Liebesflammen sich wieder tun zusammen, die voller Zwietracht seind."

Der Geist Gottes ermöglicht Kommunikation. Ein Freund der Freundlichkeit. Ein Feind der Feindschaft. Schöpfer einer Sprache die alle verstehen. Mit einer Stimme zu sprechen, schafft und stärkt Gemeinschaft, so dass ich abschließend die Gelegenheit nutzen möchte, um sie liebe Landsleute, auch im Namen der Evangelischen Kirche A.B., ganz herzlich nach Siebenbürgen zum Sachsentreffen zwischen dem 2.- 4. Anfang August einzuladen. Auch diese Begegnung ist ein Zeichen fester Freundschaft, beständiger Gemeinschaft und gemeinsamer Sprache. Lassen wir uns durch den Heiligen Geist dazu motivieren.

Ech möcht uch of sochsesch dem Himettog vil Erfolg uch geat Geleangen wänschen und sä ollen uch em Numen vun asem Härrn Bäschef Reinhart Guib härzlich gressen. Gott der Härr soll det Treffen sejnen. Ihnen allen wünschen ech viel Froad, geat Eangderholdung und nor de Geseangd. Ugenem Feierdaj. Ech danken hisch.

(Beilage "Kirche und Heimat", Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 4. Juni 2024, S. 17 und 18)

Schlagwörter: Heimattag 2024, EKR, Kirche und Heimat

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