1. Juni 2020
Pfingsten in Zeiten der Corona-Krise
Pfingsten – die Geburtsstunde der Kirche. Ein außergewöhnliches Ereignis im ersten Jahrhundert n.Chr. Der entscheidende Impuls für die ersten Anhänger des auferstandenen Christus, sich in seinem Namen zu versammeln und Gemeinschaft neu zu erleben.
![Festliche Einführung (Präsentation) von Pfarrer ...](/bild/artikel/normal/2020/pfarrer_helmut_kramer_1989.jpg)
Pfingsten: eine Zäsur in Raum und Zeit. Die Erinnerung an Pfingsten wird in jedem Jahr zur Herausforderung für die heutigen Kirchen: Zum einen sollen und müssen sie sich auf ihre Wurzeln besinnen, zum anderen wird ihnen zugemutet, sich den Fehlern der Vergangenheit zu stellen und den Mut zu haben, sich trotz aller Irrungen der Kirchengeschichte als Gemeinschaft unter dem Auftrag des lebendigen Wortes Gottes zu verstehen. Paradoxerweise – und das steht konträr zum eigentlichen Auftrag – wird ihnen gerade zu Pfingsten schmerzlich bewusst, dass sie schon lange nicht mehr jene Schlüsselstellung in der Gesellschaft innehaben, die sie gerne hätten. Kirchliches Geschehen ist im gesellschaftlichen Kontext auf der Jagd nach immer höher und immer weiter zur Randerscheinung geworden, um die geistlichen Bedürfnisse einiger Weniger abzudecken. „Herr Pfarrer, wir wissen ja, wo die Kirche steht. Wenn wir sie brauchen, kommen wir.“ Dieser Satz, von einem Gemeindeglied mit einer Mischung aus Unschuld und Unbedarftheit ausgesprochen, spiegelt wider, was die meisten denken: Im Grunde brauchen wir sie nicht; und wenn doch, dann möge sie doch bitte nach unserem Geschmack präsent sein.
![Pfarrer Helmut Kramer hielt die Predigt beim ...](/bild/artikel/normal/2020/pfarrer_helmut_kramer_2015.jpg)
Danach sieht es vorläufig aus: Nicht nur dort weitermachen, wo wir unterbrochen wurden, sondern zusätzlich wieder aufholen, was wir vermeintlich versäumt haben. Ich fürchte, damit hätten wir nichts gelernt. Wir hätten uns nicht mal Zeit genommen, uns der Frage zu stellen, was diese ganze Veränderung der letzten Monate mit uns zu tun hat.
Krisenzeiten sind Katastrophenzeiten. Man gerät leicht in Gefahr, den Halt zu verlieren. Die erste Kirche erinnert uns daran, dass Krisenzeiten auch Lehrzeiten sein können: Zeiten der Besinnung auf das, was einmal getragen hat; Zeiten der Einkehr und des Mutes zu der Frage: Was trägt eigentlich mein Leben? Wo wäre ein Richtungswechsel angesagt? Was muss anders werden? Also nicht einfach weitermachen, sondern kurz innehalten. Und damit Anteil haben an Umkehr und Neubeginn.
Ich wünsche uns den Mut, uns diesen Fragen zu stellen – an einem Pfingstfest, wo wir mehr wissen sollten als nur, „wo die Kirche steht“…
In herzlicher Verbundenheit mit den besten Wünschen für das Pfingstfest
Helmut Kramer
Biographische Daten zum Autor
Pfarrer Helmut Kramer, geboren 1960 in Kronstadt, Schule und Gymnasium ebendort, Studium der Theologie in Hermannstadt, Vikariat in Rosenau, von 1985 bis 1989 Pfarrer in Marienburg, von 1989 bis 1992 Pfarrer in Brenndorf, Aussiedlung im Sommer 1992, seit Ende 1993 Pfarrer in der Hannoverschen Landeskirche (Kirchengemeinde Ehra), seit 2003 Pfarrer in den pfarramtlich verbundenen Kirchengemeinden Brome-Tülau-Ehra, Mitarbeit in den Gremien des Kirchenkreises Wolfsburg-Wittingen (2017 und 2018 stellvertretender Superintendent im Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen), seit 1994 gestaltet er als Pfarrer ehrenamtlich die Nachbarschaftstage der „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ mit, seit ca. 1996 (mit Unterbrechung) ehrenamtliche Begleitung der kirchlichen Veranstaltungen und Feste der Kreisgruppe Wolfsburg des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.Schlagwörter: Pfingsten, Predigt, Geistliches Wort, Kirche und Heimat, Kronstadt, Brenndorf, Marienburg
16 Bewertungen:
Noch keine Kommmentare zum Artikel.
Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.