30. Juni 2024

Die Anpacker: „Residenz Zikeli“ in Maldorf

Am Ende von Maldorf, oder am Anfang, je nachdem aus welcher Richtung man das Dorf über die Hauptstraße durchquert, steht ein kleines feines Hotel. Es befindet sich aber gleichermaßen jeweils nach einer Kurve, egal aus welcher der beiden Richtungen man kommt. Und so blickt man überrascht auf ein strahlend gelbes und neues Gebäude. Seit 2021 ist es fertiggestellt und seit 2022 ist der Hotelbetrieb eröffnet.
Das Hotel „Residenz Zikeli“ in Maldorf ...
Das Hotel „Residenz Zikeli“ in Maldorf
Hier, nördlich von Elisabethstadt, im Zwischenkokelgebiet, wo sich die letzten sächsischen Dörfer des südlichen Siebenbürgen befinden, Rode, der nördlichste sächsische Ort, ist gerade vier Kilometer entfernt, vermutet man wohl kaum ein solches Haus, das auf regen Tourismus wartet. Aber genau hier ist ein guter Ort, um Gäste zu empfangen. Wer hat sich das ausgedacht? Wer denkt daran, hier Menschen zu bewirten in großzügigen Hotelzimmern und mit einer guten Küche? Es sind Heda und Robert Zikeli, nach deren Nachnamen sich auch das Hotel benennt: „Residenz Zikeli“. Sie stammen beide aus dem Ort. Hier in Maldorf sind sie aufgewachsen, hier gingen sie zur Schule, hier wurden sie konfirmiert, kannten sich von Kindesbeinen an, fanden zueinander und wurden ein Paar.

Aber hier sind sie nicht geblieben. In den späten 1980ern hielten sie es nicht mehr aus. Nacheinander flohen sie des Landes, zunächst Robert. Er nahm den gefährlicheren Weg außer Landes, über die Donau schwimmend nach Jugoslawien. Dort wurde er dann zwei Wochen im Gefängnis interniert zum Arbeiten, danach folgte die Ausweisung nach Deutschland. Das war damals die übliche Praxis in Ex-Jugoslawien. Ein Jahr später, 1988, floh auch sie nach Jugoslawien, über die grüne Grenze. Sie trafen sich wieder in der Bundesrepublik. Dort wurde nun geheiratet. Auch die Geschwister und Eltern kamen nach. Es war die Zeit des großen Aufbruchs. Der Ostblock war zusammengebrochen, die Siebenbürger verließen in den 1990ern in Scharen in kürzester Zeit ihre Heimat. In der Bundesrepublik standen nun Familiengründung, Arbeit und der Aufbau eines neuen Lebens an. Die alte Heimat war kein Thema mehr für Heda und Robert und das mindestens die folgenden 15 Jahre lang.

Dann aber kamen sie auf Heimaturlaub und auch die Geschwister und man traf sich im Ort und schaute nach dem Rechten. Ach, das alte lieb gewesene Dorf, die alten Zeiten, die Erinnerungen an sächsisches Leben in den Straßen und wahrscheinlich mag sie auch diese Wehmut erfasst haben, die uns Siebenbürger packt, wenn wir die alte Heimat wiedersehen. Könnte man denn nicht öfters kommen und gemeinsame Zeit verbringen? Wie wäre es denn, die alte Mühle am Ortsrand zu beleben? Könnte man die nicht sanieren und daraus ein Gästehaus machen? Kurzerhand wurde sie gekauft. Aber dann das Erwachen, welch altes Gemäuer, diese Mühle war zu morsch, um sie wieder herzurichten, sie musste abgerissen werden. Und so entstand nach und nach das, was heute zu sehen ist, ein schmuckes Hotel. Dass es einmal ein Haus mit 13 Doppelzimmern werden sollte, das war auch für sie selbst am Anfang noch nicht abzusehen. Aber einmal angefangen, nahm es Formen an und sie haben alles selbst geplant und haben auch selbst Hand angelegt. 2017 haben sie losgelegt und 2021 konnten die großen Arbeiten abgeschlossen werden. Wie haben sie das alles bewältigt, neben ihrem eigentlichen Leben in der Bundesrepublik? Denn dort gibt es ja zwei Kinder, eine tägliche Erwerbsarbeit, der sie immer noch nachgehen müssen und ein Eigenheim in Stand zu halten haben. Willkommene Unterstützung von der rumänischen Dorfverwaltung gab es kaum. Aber die eigenen Familien haben unterstützt und geholfen, die zahlreichen Geschwister der beiden haben moralisch und tatkräftig immer alles begleitet.

Tüchtig sind die beiden immer noch und auch die Lebensfreude ist durch die Anstrengung der letzten Jahre nicht auf der Strecke geblieben. Denn solch ein Bauprojekt muss man auch physisch und mental stemmen können. Diese Idee anzupacken und durchzuziehen, dazu gehört gewiss eine gute Portion Wagemut. Ihre Freizeit verbringen sie nun so oft sie können in Maldorf, in ihrem Hotel, und packen auch weiterhin an, denn die Arbeit geht in einem so großen Haus nicht aus. Für den Dauerbetrieb haben sie ein befreundetes rumänisches Paar aus dem Ort engagiert. Es führt den Gästebetrieb und sorgt für die Bewirtung. Bei ausgelastetem Betrieb kommen sogar zusätzliche Arbeitskräfte aus der Umgebung zum Einsatz. Die Küche wird nun auch genutzt, um für einheimische alte Menschen Essen auf Rädern anzubieten. So wurden hier auf Dauer sogar einige Arbeitsplätze geschaffen in einer ländlichen Region, wo es kaum welche gibt und die Menschen sich auf die Reise machen müssen, um meist in Deutschland in der Landwirtschaft zu arbeiten.

Wer sind die Gäste, die ins Hotel kommen? Es sind Leute, die Ruhe suchen und gute Luft. Beides gibt es vor Ort im Überfluss. Aus unterschiedlichen Teilen Rumäniens, aus Craiova oder aus Bukarest, kommen sie, um einfach nur loszulassen von ihrem Alltag. Hier in der ländlichen Idylle gehen die Uhren anders: keine Geschäftigkeit, Zurückgezogenheit, einfaches Leben. Vom Hotel aus blickt man auf dem gegenüberliegenden Hügel auf landwirtschaftliche Betriebe mit Kühen, Büffeln, Schafen, Hunden. Allein die Laute dieser Tiere durchbrechen die morgendliche Stille, aber das gehört dazu, zu der Landschaft, zum Dorf und zur Umgebung.

Freilich kommen auch Siebenbürger ins Hotel, zumeist solche, die aus den umliegenden Dörfern stammen und ihre alte Heimat besuchen. Zum Maldorfer und Roder Treffen, die dieses Jahr beide in der ersten Augustwoche nach dem Sachsentreffen 2024 in Hermannstadt stattfinden, ist das Hotel allerdings schon ausgebucht. Aber danach gibt es sicherlich noch freie Zimmer.

Sabine Breihofer, Ehingen (Donau)

Schlagwörter: Maldorf, Hotel, Reise

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