21. Juni 2024

Bedeutender Maler und Bühnenbildner: In memoriam Walter Widmann (1891-1965)

Der emeritierte Professor Attila Dobó, der heute in Pilisvörösvár (Ungarn) lebt, stellte der Siebenbürgischen Zeitung eine aufschlussreiche Dokumentation zu Leben und Schaffen des siebenbürgisch-sächsischen Malers und langjährigen Klausenburger Opernbühnenbildners Walter Widmann (1891-1965) zur Verfügung. Die wichtigsten Daten daraus hat Gudrun Schuster zusammengefasst und aus dem Ungarischen übersetzt.
Walter Widmann, Klausenburg, 1962 ...
Walter Widmann, Klausenburg, 1962
Walter Widmann dürfte außer Insidern der bildenden Kunstszene mittlerweile wenig oder kaum noch bekannt sein. Dobó hatte zum Künstler durch familiäre Kontakte seit seiner Kindheit in Klausenburg nach dem Zweiten Weltkrieg eine enge Beziehung. Die Familie Dobó wohnte nämlich während der zeitbedingten Abwesenheit des Künstlers als Mieter in dessen Haus und nach Widmanns Rückkehr bis zur Flucht der Familie nach Ungarn mit ihm zusammen.

Die in der Dokumentation gezeigten Bilder, Fotografien und anderen Relikte wie handschriftliche Briefe, Widmungen, Verzeichnis der zahlreichen Ausstellungen illustrieren das umfangreiche Schaffen Widmanns – sie befinden sich alle in der „Sammlung Walter Widmann“ im Familienbesitz Attila Dobós. Persönliche oder anekdotische Erinnerungen des Professors lassen ein lebendiges Bild des Künstlers entstehen. In die Dokumentation stellt Attila Dobó vor die biografischen Daten zum „Sachsen“ Widmann für Outsider Daten zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen von ihrer Einwanderung bis zu ihrer Diasporasituation heute sowie Daten zur Ortschaft Broos.

Walter Widmann wurde am 25. Dezember 1891 in Broos als zweites von drei Kindern einer bürgerlichen Familie geboren. Nach der Volksschule besuchte er das Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt, wo er durch Carl Dörschlag Kontakt zum Sebastian Hann Verein bekam. Zwischen 1909-1910 hielt er sich in Budapest an der Kunstakademie auf, während er in den Ferien beim namhaften Künstler Károly Ferenczy in Frauendorf (Baia Mare) in die Lehre ging. 1913 erwarb er das Diplom eines Zeichenlehrers. Dann begab er sich auf eine Studienreise nach Italien. Die dortigen Kunsterlebnisse sollten stilprägend für seine Malerei werden, die der Pleinair-Richtung zugerechnet werden kann.
Walter Widmann: Klausenburg, Hoja, 45 x 34, ...
Walter Widmann: Klausenburg, Hoja, 45 x 34, Aquarell, 1958
Während des Ersten Weltkrieges wurde er eingezogen, kam an die Front und geriet in russische Kriegsgefangenschaft, von wo er nach drei Jahren krank zurückkehrte. Nach der Genesung machte er Städtereisen durch Deutschland und studierte Bildende Kunst in Berlin. Nach seiner Heimkehr 1921 unterrichtete er zunächst als Zeichenlehrer am Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt, übersiedelte aber in den 30er Jahren nach Klausenburg, wo er ein Haus mit Atelier baute und einrichtete und bis an sein Lebensende 1965 dort lebte und arbeitete. Zu einer Familiengründung kam es nicht, groß war jedoch der Kreis seiner Freunde aus allen Klausenburger Ethnien.

1926 war er zum ersten Mal an einer Ausstellung im Bukarester Kunstsalon beteiligt. Die erste eigene Ausstellung zeigte er 1933 in Klausenburg, Arad, Hermannstadt, Kronstadt und seiner Heimatstadt Broos, zahlreiche weitere Gemeinschaftsausstellungen folgten, die alle hauptsächlich Aquarelle beinhalteten. 1954 stellte er in Bukarest über 100 davon aus.
Walter Widmann: Stillleben mit Vasen, ...
Walter Widmann: Stillleben mit Vasen, Aquarell, 74 x 51 cm, 1959
Ab 1954 arbeitete als Bühnenbilder an der ungarischen, danach an der rumänischen Nationaloper. Dort hat er bis ins hohe Alter die Bühnenbilder für alle Inszenierungen geschaffen, über Verdi, Donizetti, Puccini, Rossini, Bizet, Gounod, Offenbach, Wagner etc.

Zwischen 1948 und 1956 war er Dozent am Lehrstuhl des Instituts für Bildende Kunst und Theaterwissenschaft (Institutul de Arte Plastice „Ion Andeescu“). Der Lehrstuhl für Textilkunst, den er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand, leitete, verdankte ihm die Gründung. 1954 wurde ihm der Arbeitsorden II. Klasse verliehen. 1962 organisierte die Filiale Klausenburg des Vereins Bildender Künstler (Uniunea Artiştilor Plastici din România, Filiala Cluj) die Retrospektivausstellung „Walter Widmann“. Werke des Künstlers befinden sich im Privatbesitz und im Szekler Nationalmuseum Sankt Georgen (Sfântu Gheorghe).
Walter Widmann: Katharinentor in Kronstadt. ...
Walter Widmann: Katharinentor in Kronstadt. Aquarell, 1930er Jahre. Siebenbürgerheim Rimsting. Foto: Konrad Klein
Jenseits der Würdigung des Künstlers mittels der weiter oben genannten Daten und Fakten gelingt es Professor Dobó durch die Schilderung kleiner Anekdoten aus eigener Erinnerung auch den Menschen und die Persönlichkeit Widmanns zu charakterisieren. Er schildert ihn als großzügigen, gutmütigen und hilfsbereiten, vor allem uneitlen Menschen, der private oder zeitbedingt Unbilden mit Humor bewältigt habe. Irrtümlicherweise sei vorübergehend eine jüdische Herkunft angenommen worden, weshalb dann „zeitbedingt“ sein Name auf den Opernplakaten nicht genannt worden sei. Die ungarische Sprache habe er so perfekt beherrscht, dass der kleine Attila erst später erfahren habe, dass sein „szasz bácsi“ (sächsischer Onkel) nicht Ungar war.

13 reproduzierte Aquarelle, mehrere Fotografien auch von textilen Sammelstücken siebenbürgischer Volkskunst, von Tonkrügen und -tellern illustrieren Attila Dobós Text über den bedeutenden sächsischen Maler, Szenografen und Sammler Walter Widmann, den er dankenswerterweise der Siebenbürgischen Zeitung zur Verfügung gestellt hat.

Gudrun Schuster

Schlagwörter: Kunst, Maler, Widmann, Klausenburg, Künstler

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