Nachlese zum Rumänischen Filmfest in München: Geburtstags-Special für König Michael I.
Mit einem Doublefeature-Abend zum 100. Geburtstag von Michael I., dem letzten König von Rumänien, ehrte das diesjährige Rumänische Filmfestival, das vom 12. bis 18. November in München stattfand, den letzten Monarchen hinter dem Eisernen Vorhang – er wäre am 25. Oktober 2021 hundert geworden. Die beiden aus diesem Anlass gezeigten Dokumentarfilme über die Persönlichkeit des Königs, die die Bukarester Firma Chainsaw Film Production unter der Leitung von John M. Florescu 2016 und 2021 nachzeichnete, stammen beide Male vom gleichen, höchst motivierten Team des Regisseurs und Drehbuchautors Trevor Poots und den Produzenten Dan Drăghicescu und Viorel Chesaru, was zwangsläufig auch zur Überschneidung von manchen Sequenzen führte: „Războiul Regelui“ (Der Krieg des Königs, 2016) sowie „Regele Mihai – Drumul către casă“ (Der letzte König hinter dem Eisernen Vorhang, 2021).
Festivalorganisatorin Brigitte Drodtloff mit dem Medienmann Dr. Ion Florescu beim Rumänischen Filmfest im Münchner Filmmuseum. Florescu war als Vertreter der Chainsaw Filmproduktion eingesprungen, weil der Bukarester Koproduzent Dan Draghicescu pandemiebedingt absagen musste.
Foto: Konrad Klein
Dieselbe Firma, die sich mit ihren vielbeachteten Dokumentarfilmen der jüngeren rumänischen Geschichte verschrieben hat, produzierte auch den in dieser Zeitung besprochenen Film über Königin Maria („Maria, Inima României“, 1919, vgl. Eine Angelsächsin auf dem rumänischen Thron: Königin Maria im kulturellen Gedächtnis der Siebenbürger Sachsen). Der Fokus auf geschichtlichen Themen mag auch mit dem familiären Hintergrund von John M. Florescu zusammenhängen. Er ist der Sohn des bekannten Historikers Dr. Radu Florescu – jenes US-Historikers rumänischer Herkunft, der 1972 erstmals die Verbindungen zwischen dem historischen Vlad Țepeș und Bram Stokers Dracula-Figur beschrieben hatte (John und der nebenstehend abgebildete Ion sind Vettern).
Stellenweise gerät die Doku zum nervenzerreißenden Psychokrimi, Szenen wie die Fahrt ins Exil mit einem auf offener Strecke haltenden Zug nach Nirgendwo lassen erahnen, was in den Köpfen der Vertriebenen vorgegangen sein muss. Am schwersten erträglich schien mir indes die demütigende Behandlung des Monarchen und seiner Familie bei der versuchten Rückkehr am 25. Dezember 1990, als die Autokolonne des Königs auf dem Weg zu einer Weihnachtsfeier nach Curtea de Argeș mit der Grablege seiner Vorfahren von Soldaten mit Kalaschnikows stundenlang angehalten und zur Umkehr mit dem Flugzeug gezwungen wurde. Ein nachträgliches Lob für den Kameramann des französischen Fernsehens, der einfach draufhielt auf die verängstigten Gesichter drinnen und draußen. Erst 1992 konnte der König erstmals nach Bukarest reisen, wo er von einer Million Menschen wie ein Popstar bejubelt wurde.
PS. Zu der „wohl schwierigsten Epoche der rumänischen Geschichte“ nach 1940 und zur Persönlichkeit von Michael I., der „seine moralische Integrität, historische Identität, Modernisierung und Europäisierung“ auch überzeugend lebte, siehe Anneli Ute Gabanyis Nachruf: Herausragende politische Gestalt: König Mihai von Rumänien tot). Die Politologin kommt in den o.g. Dokus ebenfalls zu Wort.
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