29. August 2021
Leserecho: Eine wahre Geschichte
Im letzten Jahr habe ich in der Siebenbürgischen Zeitung häufig Berichte über die Deportation gelesen. Jedes Mal wurden Erinnerungen wachgerufen, die heute noch sehr schmerzhaft sind. Nun habe ich meine eigenen Erlebnisse aufgeschrieben, eine wahre Geschichte. Ich bin Marianne Herbert, geborene Binder, aus Heltau.
![Im Lager von Dnepropetrowsk, 1946. Marianne ...](/bild/artikel/normal/2021/marianne_herbert_dnepropetrowsk_1946_2021.jpg)
Irgendwann erschienen russische Buchstaben auf Ortsschildern. Wir waren weit weg von unserer Heimat. Für meine Schwester und mich folgte eine tieftraurige Zeit in Dnepropetrowsk, fünf Jahre, in denen wir hungerten, froren, litten. Wir waren dankbar für jeden Morgen, den wir erlebten, für jeden Tag, den wir überlebten. Nach der Arbeit machte ich aus Abfall kleine Tüchlein. Dafür bekam ich von einer russischen Frau, die am Straßenrand stand, einen Apfel oder eine Placinta, und ich freute mich, diese am Abend mit meiner Schwester zu teilen. Der Zusammenhalt war für uns lebensrettend. Immer wieder wurde uns gesagt: Wenn wir schnell und fleißig arbeiten, fahren wir bald nach Hause, „skoro damoi“. Dieses Versprechen wurde fünf Jahre lang gebrochen. Im Oktober 1949 kam dann der ersehnte Tag. Wir durften endlich nach Hause zu unseren Eltern.
Nun bin ich im hundertsten Lebensjahr und freue mich auf das Hochzeitsfest meiner lieben Enkelin Martina mit ihrem Pascal.
Marianne Herbert, Nordheim
Schlagwörter: Leserecho, Zeitzeugenbericht, Russlanddeportation
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