2. November 2020
Entdecker des Methangasvorkommens in Siebenbürgen: Apotheker Georg Vette vor 375 Jahren geboren
Nachdem die vor 1494 gegründete Stadtapotheke in Hermannstadt aus Mangel an ausgebildeten Apothekern im Lande immer wieder geschlossen werden musste – und das oft über längere Zeiträume hinweg –, berief der Rat 1672 den Apotheker der Königlichen Apotheke aus Danzig Georg (Georgius) Vette in die Funktion des Stadtapothekers nach Hermannstadt. Seine Fachkompetenz und sein Bekanntheitsgrad müssen zu dem Zeitpunkt bereits so bedeutend gewesen sein, dass die Kunde über den hervorragenden Apotheker, Botaniker und wissenschaftlich Forschenden bis nach Hermannstadt gelangte und man auf ihn aufmerksam wurde. Aber wer war Georg Vette, der als 27-Jähriger bereits in eine so wichtige Funktion berufen wurde und die weite Reise in ein ihm unbekanntes Land antrat, das ihn nicht mehr loslassen sollte?
![Titelblatt der Leopoldina-Zeitschrift ...](/bild/artikel/normal/2020/georg_vette_miscellanea_curiosa_frontispice_4c.jpg)
Nach seiner Ankunft in Hermannstadt wurde er gleich vor viele Herausforderungen gestellt. Neben dem Ausbau und der Leitung der Stadtapotheke war er für die Ausbildung von Lehrlingen zu Apothekern zuständig. Ein wichtiger Beleg für diese Tätigkeit ist ein Apothekerdiplom, das er für Paulus Kärstchen aus Schäßburg ausgestellt und unterschrieben hatte, nachdem dieser vier Jahre bei ihm in der Lehre gewesen war. Dieses Diplom hat eine besondere Bedeutung für die Apothekengeschichte Siebenbürgens, da es das erste in Siebenbürgen ausgestellte Apothekerdiplom – datiert vom 4. August 1687 – ist. Das Diplom befindet sich derzeit im Mediascher Museum, obwohl es nach Recherchen des Apothekers Dr. Ovidiu Maior (2014) nicht belegt werden kann, dass Kärstchen in Mediasch beruflich tätig war.
Außer seiner Tätigkeit als Apotheker und Lehrender mehrerer Apothekergenerationen war Vette auch wissenschaftlich tätig. Unter seinen Zeitgenossen wurde er als „ein großer Botaniker“ geschätzt. Seine leider wenigen bekannt gewordenen Schriften belegen, dass er die Beobachtungen auf Ausflügen und Reisen machte und die gewonnenen Erkenntnisse danach zusammenfasste. Vette gehörte zu den korrespondierenden Mitgliedern der ersten, 1652 gegründeten „Naturforschenden Gesellschaft“, die 1687 von Kaiser Leopold mit Rechten und Privilegien ausgestattet wurde und später von Kaiser Karl VI. 1712 und Karl VII. 1742 bestätigt wurde. Sie ist als Kaiserliche und dann Deutsche Akademie der Naturforscher „Leopoldina“ bekannt geworden. Seine ersten beiden Beobachtungen „Observatio“ sandte er zwecks Veröffentlichung an seinen Breslauer Freund Heinrich (Henricus) Vollgnad (1634-1684), Stadtarzt von Breslau und Mitglied der Naturforschenden Akademie Leopoldina. Dieser schrieb dazu erläuternde Kommentare und schickte sie an die Akademie zur Veröffentlichung in deren Zeitschrift Ephemerides. Allerdings erschienen Vettes Beobachtungen unter dem Namen Vollgnad, aber mit dem Vermerk, dass sie von Georgius Vette stammen. In der ersten Notiz/Observatio „De draconibus carpathicis et transsylvanicis“ 170 (1675, gedruckt 1676) handelt es sich, wie Akad. Emil Pop (1970) vermutete, um den Schädel eines Höhlenbären. Bemerkenswert ist vor allem die Beobachtung/Observatio 171 (1675, gedruckt 1676) „Über die brennenden Wasser/De aquis ardentibus“. Es ist die erste wissenschaftliche Notiz über das Vorkommen von Methangas in Siebenbürgen. Dabei handelte es sich um eine Ausströmung von Gas durch einen Quellgang, wobei sich das Gas zufällig angezündet und die Täuschung einer brennenden Quelle hervorgerufen hatte.
![Holzschnitt „Der Apotheker“ aus Jost Amman: Das ...](/bild/artikel/normal/2020/georg_vette_der_apotheker_4c.jpg)
Sucht man heute Daten zur Geschichte von Graudenz, so stößt man auf eine Liste berühmter Söhne und Töchter der Stadt, Persönlichkeiten, die sich auf unterschiedliche Weise verdient gemacht haben und berühmt geworden sind. An dritter Stelle dieser langen, chronologisch geordneten Liste findet sich Georg Vette (1645-1704) mit dem Vermerk „Apotheker und Mitglied der Leopoldina“, ohne weitere Erklärungen. Dabei wird deutlich, dass Georg Vette vom korrespondierenden zum Vollmitglied der Leopoldina befördert wurde und als solcher in die Geschichte der Wissen- schaften eingegangen ist.
Erika Schneider
Schlagwörter: Botaniker, Apotheker, Vette, Geburtstag, Naturwissenschaften
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