22. Mai 2024

Von der Bergsteigerin zur Trainerin: Anca Chelariu-Raicu im Gespräch

Anca Chelariu-Raicu ist eine von vielen neuen Tourenleiterinnen und frisch ausgebildete Trainerin unserer Sektion. In einem Gespräch mit Sabina Strambu, Öffentlichkeitsreferentin der Sektion Karpaten des DAV, erzählt sie von ihrem Hintergrund und der Motivation, eine Ausbildung beim Deutschen Alpenverein (DAV) zu absolvieren.
Was gab die Initialzündung, vom regulären Mitglied zur Tourenleiterin und sogar Trainerin zu avancieren?

Ich bin gerne mit Gruppen unterwegs und schätze die Gemeinschaft. Am Berg habe ich die meisten meiner Freunde kennengelernt. Viele gute Freundschaften sind entstanden, weil wir besondere Erlebnisse in den Bergen hatten. Da ich anfangs meist mit erfahreneren Leuten unterwegs war, konnte ich viel beobachten und lernen. Ich wünsche mir, für so manche Teilnehmer meiner zukünftigen Ausbildungen und Touren das Gleiche zu bieten und jemand zu sein, von der man etwas lernen kann. Zum Beispiel, indem ich den einfacheren Weg weise, Sicherheit vermittle und natürlich auch zeige, wie man sich am Berg weiterentwickeln kann.

Und nicht zuletzt wollte ich der Sektion auch etwas zurückgeben. Ich hatte das Glück, dass mich meine Sektion immer unterstützt hat. Ich durfte sehr viel, ohne etwas zurückgeben zu müssen. Und ich wurde immer mitgenommen, obwohl ich anfangs vielleicht nicht gleich stark war. Hans sagt immer: „Wie soll man es lernen, wenn man es nicht macht?“ Mit dem Bergsteigen ist es wie mit der Fahrschule: Wenn man nicht am Steuer sitzt, kann man das Fahren nicht lernen und keine Erfahrung sammeln.
Anca Chelariu-Raicu ...
Anca Chelariu-Raicu
Wie lief die Ausbildung dann konkret ab?

Meine Bergsteiger-Trainer-C-Ausbildung hat zwei Wochen gedauert. Diese teilte sich auf in einen Grundlehrgang und in Hochtouren, beides hat jeweils eine Woche gedauert. Neben einem Theorieteil, der sehr schnell geht, muss man im Praxisteil dann alles wissen und umsetzen können. Bei diesen Lehrgängen sind normalerweise zwölf Teilnehmer dabei, die von zwei Bergführern ausgebildet und geprüft werden. Man verbessert auf jeden Fall seine Techniken am Berg, weil man ständig Feedback von den Profis bekommt. Fehler, was beispielsweise die Sicherheit oder die Gruppenführung angeht, können schon mal eine nicht bestandene Prüfung bedeuten.

Muss man so eine Ausbildung immer wieder auffrischen?

Ja, der DAV verlangt Fortbildungen alle drei Jahre, um die Lizenz behalten zu können.

Welche schönen Bergziele hast du dir zeitnah gesteckt?

Am Anfang wollte ich immer auf die größten Berge steigen und hohe Gipfel erreichen. Durch meine Erfahrung mit der Besteigung des Aconcagua (6961m) im Jahr 2017 habe ich gelernt, dass man sich für solche Ziele viel Zeit fürs Höhentraining und für die Expedition an sich nehmen muss. Das ist mit meinem Beruf als Ärztin nicht immer vereinbar. In der Zeit der Covid-Pandemie habe ich dann genau das andere Extrem erlebt bzw. die näheren Berge wiederentdeckt. Es gibt so viele schöne Ziele vor unserer Haustür, zum Beispiel das Wettersteingebirge, das Karwendel, das Rofan, das Kaisergebirge, die Loferer Berge oder das Berchtesgadener Land. Die will ich in den nächsten Jahren viel mehr erkunden. Deshalb will ich auf jeden Fall einige Touren anbieten, die von München aus gut erreichbar sind. In einer meiner Gemeinschaftstouren im August dieses Jahr wollen wir von Garmisch-Partenkirchen aus die Alpspitze-Nordwand erklettern.

In den letzten Jahren habe ich auch oft die Anreise mit der Bahn gewählt und immer wieder schöne Erfahrungen damit gemacht. Das erinnert mich an meine Studienzeit in Rumänien, als wir nur mit dem Zug in den Karpaten unterwegs waren. Damals hatten wir keine Autos und auch überhaupt nicht den Anspruch, dass man die Berge so schnell erreichen muss. Die Zugreise von Bukarest zum Butschetsch (Bucegi), Schuler (Postăvaru), Königstein (Piatra Craiului) oder in die Fogarascher Gebirge (Munţii Făgăraş) dauerte damals, gemessen an unseren aktuellen Reisezeiten, genauso lang wie ein Flug in die USA. Aber wir haben die Zeit damals anders gefüllt – mit langen und spannenden philosophischen Gesprächen über die Berge, mit Kartenspielen und natürlich mit dem Singen unserer rumänischen Berglieder.

Dann bereite dich schon mal vor: Beim nächsten Stammtisch darfst du uns was vorsingen. Vielen Dank für das schöne Gespräch!

Schlagwörter: Sektion Karpaten, DAV, Interview, Bergsteigen, Trainerin

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