29. April 2022
Wie der Kommunismus das Leben zur Hölle machte: Karl Dendorfer zum Neunzigsten
Als ehemaliger Angeklagter im „Schwarze-Kirche-Prozess“ ist Karl Dendorfer einer der wenigen, die das 90. Lebensjahr erreicht haben, trotz dramatischer Einschnitte in seinem Leben. Karl, genannt unter Freunden Charly, gehört zu denjenigen Kronstädtern, die das Pech hatten, in die Fänge der Securitate zu gelangen, obwohl kein triftiger Grund dazu bestand. Er wurde gemeinsam mit weiteren 19 Kronstädtern im sogenannten „Schwarze-Kirche-Prozess“ im Alter von 25 Jahren verhaftet. Im Prozess beantragte der Richter für vier Angeklagte die Todesstrafe, für andere fünf lebenslängliche Haft.
![Karl Dendorfer im Oktober letzten Jahres. Im ...](/bild/artikel/normal/2022/dendorfer_kk_2021_2022.jpg)
Das Militärgericht erhob am 22. Dezember 1958 fadenscheinige und absolut unreelle Anschuldigungen gegen Karl Dendorfer und andere Angeklagte. Das Strafmaß wurde vom Staatsanwalt wie folgt verkündet: Todesstrafe für Karl Dendorfer, Horst Depner, Konrad Möckel und Günther Volkmer. Die anderen Beschuldigten wurden zu vielen Jahren bis lebenslang verurteilt. Im Laufe der Haftzeit wurde die Todesstrafe in lebenslänglich in schwerem Kerker umgewandelt. Für Charly folgten viele Jahre der Haft in den Gefängnissen von Zeiden, Piteşti, Gherla, Dej und Jilava unter teils unmenschlichen Bedingungen. 1964 wurden alle politischen Häftlinge begnadigt, so war auch Charly wieder ein freier Mensch, allerdings halb blind und TBC-krank. Seine neue Lebensphase begann im „Spitalul Mărsescu“ in Kronstadt, wo er monatelang behandelt wurde. Dann wurde er als gesund entlassen, und konnte sich, dank der Hilfe vieler Freunde, monatelang über Wasser halten, bis ihn sein Freund aus der Kindheit, Paul Hamsea, bei sich aufnahm. Eine Wohnung hatte er keine, nachdem die Mutter während seiner Haftzeit gestorben war. Dank verschiedener Fürsprachen gelang ihm 1966 die Ausreise nach Deutschland.
![50 Jahre danach bei einer Tagung 2008 in Bad ...](/bild/artikel/normal/2022/dendorfer_schw_ki_2022.jpg)
Einen bemerkenswerten Vortrag hielt Karl Dendorfer im November 2009 im Rathaus Mannheim-Neckarau, wo die Zuhörer erfuhren, wie den Angeklagten das Leben zur Hölle gemacht wurde. Es ist mehr als tragisch, dass einige wenige Unschuldige für ein ganzes Völkchen büßen mussten, ohne auch nur im geringsten Maße schuldig gewesen zu sein. Sein Wissen als Zeitzeuge hat Karl Dendorfer in zahlreichen Vorträgen, in Aufsätzen in den Büchern „Der Schwarze-Kirche-Prozess. Erlebnisberichte und Dokumentation“ (Kronstadt, 2011) und „Aus dem Schweigen der Vergangenheit“, Band II (Hermannstadt, 2017), sowie in der Siebenbürgischen Zeitung und anderen Publikationen als Mahnung für eine bessere Welt weitergegeben.
Lieber Charly, herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtstag, alle Gute für die weiteren Jahre, danke, dass du durchgehalten hast.
Ortwin Götz
Schlagwörter: Kultur, Schwarze-Kirche-Prozess, Kronstadt, Kommunismus
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