Von den Hünen

In der Mulde (sächsisch „An der Mauld“), zwischen Gergeschdorf und Rothkirch, haben in alten Zeiten Hünen („de Hennen“) gewohnt, die waren so groß, dass sie nur einen Schritt machen mussten – bis hinunter nach Rothkirch oder bis hinüber nach Thörnen. Auch jetzt noch findet man manchmal auf dem Feld In der Mulde große Tonscherben – von Gefäßen, die sicher nicht von Menschenhand geformt wurden. Man sagt, dass zwei Hünengräber noch „Auf der Pradijerpläsch“, „Beim Pradijerbasch“ (Predigerwald) zu sehen sind: zwei Erdhügel, wo je ein Hüne sitzend begraben worden ist. In alten Zeiten war In der Mulde gutes Weideland; hier grasten damals die Kühe der Hünen. Abends aber, bevor man sie in die Ställe trieb, rieben sie sich an den umliegenden Hügeln: darum sind diese „so abgewetzt“. Im vorigen Jahrhundert konnte man In der Mulde noch große runde Vertiefungen sehen, in denen sich das Regenwasser sammelte: das waren die Spuren von den Hufen. Bevor die Hünen fortzogen, schlachteten sie alle Kühe und brieten das Fleisch auf offenem Feuer; manchmal gaben sie auch den Bauern davon. Von einem halben Rindsrücken konnte ein ganzes Dorf drei Tage lang essen. (63)

H. Kepp

(Aus: Claus Stephani, Sagen der Rumäniendeutschen, Diederichs, München 1994, S. 51)

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