Altes Haus - Brücken in die Vergangenheit

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Kurt Binder
schrieb am 12.07.2024, 18:00 Uhr
Vox – die Stimme 2

Und so stellte sich bald der Moment ein, wo ich den einschläfernden Laberfluss - auf gut Deutsch gesagt, nicht mehr riechen, bzw. hören konnte – und das nicht nur beim allmorgendlichen Tomaten ernten. Ich versuchte es erst mit Tomaten auf den Ohren, dann in den Ohren, doch die konnten den siegreichen Vormarsch dieser enigmatischen, Träume fördernden Botschaften bis zum Trommelfell nicht verhindern.
Also bestellte ich aus der Ohrstöpsel-Fabrik mehrere Dutzend Ohrstöpsel. Der Ohrstöpsel-Chef erklärte mir völlig selbstlos, dass diese ab 100.000 Stück 0,5 Prozent billiger, und von der Steuer absetzbar seien, und obendrauf beläme man von der Müllabfuhr noch eine Gratistonne. Ich könnte die gebrauchten Stöpsel aber auch recyclen lassen – was ebenfalls für einen lächerlichen Aufpreis über die Müllabfuhr, und somit zu Gunsten der Umwelt möglich sei. Doch hatte ich im Sinne einer Entsorgung eine lukrativere Idee: Ich verkaufte die gebrauchten Ohrstöpsel an einen Second Hand Shop, bzw. Second Ear Shop.
Mein Geduldsmarathon aber ging, allen weiteren Linderungsmaßnahmen zum Trotz ungebremst weiter. Der Mann redete und redete ... und redete ... Zwar konnte ich nie ein Wort verstehen, weil seine Rhetorik gleichförmig wie ein Rohr entströmte, und sich ohne akzentbedingte Schwankungen, oder klangliche Höhen und Tiefen nach allen Seiten fortpflanzte. Die Regenwürmer, die Kröten im Teich, oder der stolze Aar in luftiger Höhe blieben davon allerdings völlig unbeeindruckt. Und jetzt verstand ich auch, warum in dieser Hecke nie Störche oder Flamingos brüteten. Ihre Eier wären einschlafswegen hoffnungslos überbrütet worden – was ihre Art bedenklich gefährdet hätte! Doch dann übermannte mich die Neugier, und ich schnitt ein Loch in die Hecke - und da sah ich – nein, nicht ihn, sondern nur seine Frau, die längst eingeschlafen war, und jesesmäßig schnarrchte.
Doch auch ich schlief während dieser täglich dozierten Monologe meistens an Ort und Stelle ein. Meine Nachbaren hatten das bemerkt. Und bald kamen sie abends, kurz vor der Heia herbei, scharten sich eng um mich – und dann lauschten wir in corpore der volltönenden Einschlaf-Suggestion meines unsichtbaren, namenlosen Anybodys von links. Anschließend robbte jeder im Halbschlaf zu seinem Bett - und alle schliefen wir den Schlaf der Gerechten.
Im Lokalblättchen stand, dass seit einiger Zeit der Verkauf von Schlaftabletten, sehr zun Unmut der Apotheker erheblich zurückgegangen sei.
Auch hätte eine Schallplattenfirma meinem linken Anybody einen durchaus sich hören lassen könnenden Betrag für eine Aufnahme seines akustischen Wachbleib-Killers geboten.

Aber, was soll’s – den Seinen wird’s ja auch im Schlaf gegeben!
Also dann: Schlafts gut!

Kommentar:
Selbst wenn diese Hyperbel unglaubwürdig erscheinen mag – so beruht sie dennoch auf einem wahren Anlass!

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